Wir haben uns am 01.11.2023 solidarisch mit den streikenden Arbeiter*innen des Einzelhandels in Niedersachsen und Bremen gezeigt.
Bereits seit Frühjahr 2023 führen die Kolleg*innen eine Tarifauseinandersetzung mit dem Arbeitgeberverband. Zum zentralen Streiktag in Osnabrück folgten dem Aufruf von ver.di circa 400 Kolleg*innen! Bereits seit Tagen schrieb sich die Osnabrücker Lokalpresse, in Erwartung von potenziellen Einnahmeeinbußen am ertragreichsten Einkaufstag des Jahres, die Finger wund. Dass in diesem Zuge Osnabrücks Marketingchef Alexander Illenseer den Streik einen „strategischen Fehler“ nannte, zeigt nur, wie wenig er das Prinzip Gewerkschaft versteht beziehungsweise wie tief sein Kopf im Arsch des Handelsverbandes Niedersachsen-Bremen (Arbeitsgeberverband) steckt. Für die Bedürfnisse und Interessen – zur Zeiten von COVID19 noch „systemrelevanter“ – Arbeiter*innen hat er keine Empathie.
Wir wünschen den Kolleg*innen viel Kraft und Ausdauer für die andauernde Tarifrunde!
Zudem möchten wir hier den Redenbeitrag des Feministischen Streikbündnis Osnabrück mit euch teilen:
Ich bin xxx und spreche heute für das feministische Streikbündnis. Wir sind froh, heute einige Worte an euch und Sie richten zu dürfen.
Heute ist Feiertag in NRW – also normalerweise ein Tag, an dem der gesamte Kreis Steinfurt in die Osnabrücker Innenstadt kommt, um zu shoppen. Auch das ist die Kritik der Arbeitgeber*innen und Geschäftsinhaber*innen – heute kann doch nicht gestreikt werden!
Doch heute muss gestreikt werden, denn wir müssen jene wunden Punkte treffen.
Denn viele, die in den schicken Läden der Innenstadt arbeiten, müssen doch selbst stundenlang mit Bus und Bahn im schlechten Takt fahren, da die Mieten für die mickrigen Löhne viel zu hoch sind. Viele, die die schönen Sachen verpacken, können sich diese schönen Sachen selbst nie leisten oder müssen sich verschulden, da nur so sie die Möglichkeit haben, als Teil dieser Gesellschaft wahrgenommen zu werden.
Auch die Kundinnen und Kunden sind nicht immer aufrichtige Menschen, die Arbeiterinnen und Arbeiter im Handel müssen sich respektloses Verhalten gefallen lassen, werden ignoriert, beleidigt und Schlimmeres – dabei sollen Sie aber nett lächeln und den Servicegedanken hochhalten.
In der Pandemie wurde immer wieder von der Systemrelevanz geredet und was die systemrelevanten Berufe bedeuten würden und dass wir ohne sie nichts wären. Ja, unsere Kühlschränke wären leer und wir hätten keinen Zugang zu jeglichen Waren- ohne den Handel als systemrelevanter Wirtschaftssektor.
Aber was bringt uns arbeitenden Menschen im Handel, in der Erziehung, im Gesundheitswesen diese Systemrelevanz? Uns bringt sie gar nichts, weil die Löhne mickrig sind und seit dem 2. Weltkrieg nie im gleichen Maße gestiegen sind, wie die Produktivität in Deutschland. Systemrelevanz bedeutet v.a. Relevanz für Profite. Ohne Handel kein Tausch von Ware gegen Geld. Ohne Kindergarten keine Arbeitskraft, die zur Verfügung steht. Ohne Pflege keine gesunden Arbeitskräfte.
Und deswegen ist es richtig, dass heute gestreikt wird. Wir haben nichts außer unserer Arbeitskraft, die wir einsetzen können, um unsere Forderungen durchzusetzen. Es wurde geredet: Der regionale Arbeitskampf läuft seit Monaten – es geht um 5 Mio. Beschäftigte. Wen hat es interessiert? Niemanden. Niemand wird uns etwas schenken, man wird sagen, es wäre unbezahlbar. Deswegen müssen wir zusammenstehen und solidarisch sein. Gerade als Frauen sind wir in Dienstleistungsberufen besonders oft prekären Verhältnissen ausgesetzt, die Löhne reichen nicht für einen eigenständigen Haushalt, die Arbeitszeiten sind schlecht und wir sind Mehrfachbelastungen, aus Job, Haushalt, Kindern, Familie und Co ausgesetzt.
Wir müssen uns freuen, wenn die Geschäfte zu sind, die Busse nicht fahren und Oma an jenem Tag nicht ihre unnötige Hüft-OP bekommt. Denn dann wissen wir, dass sich für unser aller gemeinsamer Anliegen eingesetzt wird. Nämlich ein gutes Leben für Alle, in dem wir alle genug von dem haben, was wir brauchen.
Wenn ihr Lust habt bei unserem feministischen Streikbündnis mitzumachen, dann kommt gerne am 2. Dienstag im Monat ab 18:00 ins SubstAnZ zu unserem Plenum und unserer Frauenkneipe. Alle Frauen und Trans-, Inter- und Nichtbinären-Personen sind herzlich eingeladen.