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Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt – Redebeitrag

Unser Redebeitrag auf der Demo „Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt“ am 12.08.2022:

Jeden Tag werden Frauen und weiblich gelesene Personen Opfer von patriarchaler Gewalt. Jeden Tag werden Frauen belästigt, herabgewürdigt, Opfer sexueller Übergriffe bis hin zu Vergewaltigungen und Mord. Die Täter sind in aller Regel Männer. Jeden Tag machen Männer Frauen und weiblich gelesene Personen zu Objekten. Jede wird es kennen: Ist man z.B. Abends mit einem Typen unterwegs wird man weniger oft von anderen Typen angelabert, bedrängt und belästigt. Sexistisches Verhalten von Männern ist gesellschaftliche Normalität, die Regel, nicht die Ausnahme, hat also eine gesellschaftliche Struktur. Wir möchten nachzeichnen, was diese Struktur ist und wie sie mit sexualisierter Gewalt zusammenhängt.

Die sexistische Ideologie, die hinter so einem Verhalten steht, fällt nicht einfach vom Himmel. Sie ist auch nicht „nur“ eine schlechte Idee. Sie ist der Ausdruck einer patriarchalen Gesellschaft und diese sexistische Ideologie reproduziert gleichzeitig die uns allen bekannte gesellschaftliche Struktur.

Diese gesellschaftliche Struktur zu hinterfragen und anzugreifen ist unsere Aufgabe. Sie zeigt sich vor allem in der sogenannten Reproduktionssphäre, also Kindererziehung, Pflege, Hausarbeit, Zuneigung usw. All dies sind Tätigkeiten die als „weiblich“ gelten und mehrheitlich von Frauen geleistet werden. Für jede Gesellschaft sind diese Tätigkeiten unverzichtbar, auch bei uns im Kapitalismus. Hier werden sie allerdings nicht, so wie es sinnvoll wäre, verteilt und unabhängig des Geschlechts gemeinsam organisiert. Sie werden unsichtbar gemacht, gelten als Privatangelegenheit, sind miserabel oder gar nicht bezahlt. Dieses scheinbar „weibliche Private“ wird also abgewertet und in Folge dessen werden auch Frauen im Allgemeinen abgewertet.

Die Sorge- und Reproduktionsarbeit hat im Kapitalismus vordergründig den Zweck weiterhin mehr oder weniger erholte Arbeiter*innen zu „produzieren“, damit sie weiter arbeiten und ausgebeutet werden können. Durch Kochen, Wäsche waschen, Kindererziehung oder Auffangen des arbeitsbedingten Frustes sollen sie für die Männer und Kinder da sein. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt wie sehr sich Staat und Kapital darauf verlassen und auch verlassen können. Als Schulen, Kindergärten und Kitas geschlossen wurden mussten in aller Regel Frauen in die Bresche springen.

Sexistische Ideologie und damit auch sexistische Praxis erfüllen dabei den Zweck diese patriarchalen Strukturen zu vermitteln, zu legitimieren, zu verfestigen und gegen Widersprüche abzuschotten: durch Erziehung, Naturalisierung und Sanktionierung. Diese Ideologie und Praxis schreiben die Rolle von Frauen fest und „verteidigen“ sie.

Was meinen wir damit? Jede kennt es: „Frauen können sich halt besser um andere kümmern das haben die in sich“, „Frauen machen den Haushalt aus Liebe“ und ähnlichen Blödsinn. Damit wird jeder Frau von klein auf ihre Rolle in dieser Gesellschaft anerzogen und vorgelebt. Frauen und weiblich Gelesene werden also durch die Art und Weise wie diese Gesellschaft strukturiert ist zu Objekten. Ihnen wird beigebracht, dass sie keine komplett eigenständigen Subjekte sind.

Sexismus stützt und formt außerdem ganz bestimmte Geschlechtsidentitäten. Identitäten, die notwendig sind, damit die Abwälzung von Sorge- und Reproduktionsarbeit funktioniert. Dabei werden Abweichungen von diesen Identitäten, insbesondere durch Männer, immer wieder mit Ausgrenzung und Gewalt sanktioniert. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass Homosexuelle und Trans-Personen immer wieder Übergriffen ausgesetzt sind. Gleichzeitig bekommt die entsprechende männliche Identität immer wieder Risse und wird richtigerweise auf der einen Seite durch feministische Kämpfe angegriffen. Auf der anderen Seite wird diese Identität von einigen Männern immer aggressiver verteidigt; die reaktionäre Speerspitze bilden AfD, Männerrechtler und anderer Mist.

Die Objektivierung von Frauen und weiblich gelesenen Personen, die Abwertung der auf ihnen abgewälzten Arbeit und die dazugehörige sexistische Ideologie sind eine der zentralen Grundlagen für die alltägliche sexualisierte und körperliche Gewalt durch Männer. Diese gesellschaftlichen Machtverhältnisse sind Ursache dieser Gewalt gegen Frauen und weiblich gelesene Personen.

Um es deutlich zu sagen: Nicht weil dem einzelnen Täter all dies bewusst ist, sondern weil die Abwertung von Frauen und weiblich gelesenen Personen Teil der gesellschaftlichen Struktur ist, kommt es immer wieder zu diesen Fällen. Die Gewalt ist also strukturell. Sie ist überall und wird von klein auf gelernt.
Das heißt nicht, dass wir nichts verändern können, solange wir unsere Gesellschaft nicht komplett umgekrempelt haben.

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg, sexualisierte Gewalt endgültig abzuschaffen und die patriarchale Struktur dieser Gesellschaft zu zerschlagen ist die Vergesellschaftung der Reproduktion,- sowie der Produktion.

Bis dahin können und müssen wir uns immer sexistischem Verhalten in den Weg stellen und uns zur Wehr setzen. Wir müssen Frauen und weiblich gelesene Personen unterstützen und uns zusammenschließen. Wir müssen uns bilden und Täter in ihre Schranken weisen.