Kategorien
Repression Texte

Redebeitrag auf der Kundgebung gegen Polizeigewalt am 7.11.2020

Unser Redebeitrag auf der Kundgebung gegen Polizeigewalt am 7.11.2020, Ledenhof Osnabrück.

Am 23.10.2020 kam es in Osnabrück zu einem Polizeiübergriff, der glücklicherweise auf einem Video dokumentiert ist. Die Polizeimeldung zu dem Vorfall klingt, welch Überraschung, nach totalem Unsinn.

Laut NOZ-Artikel bzw. Polizei-Meldung hatte zuvor eine Streife einen 12-Jährigen in der Nähe gesehen, der vor der Polizei geflüchtet sei. Als sie ihn eingefangen hatten, sei der 12-Jährige aggressiv geworden, darauf haben die Bullen ihm Handschellen angelegt. Eigentlich reicht das schon aus für einen Polizei-Skandal. Cops sind also überfordert mit einem angeblich aggressiven 12-Jährigen und legen ihm, laut eigener Aussage, weil er wegrennen wollte, Handschellen an. Daraufhin habe sich der später brutal Festgenommene 19-Jährige eingemischt. Eigentlich nicht verwunderlich sich einzumischen, wenn einem 12-Jähriger Handschellen angelegt werden. Man könnte es auch Zivilcourage nennen. Die Cops sprechen ihm natürlich einen Platzverweis aus. Laut Polizeimeldung hält er sich nicht daran und sie fordern seine Personalien ein. Dann sei es, „irgendwie“ zu einer Rangelei mit ihm gekommen und dabei habe der 19-Jährige, man muss das Ganze ja schön aufladen, nach der Waffe eines Bullen gegriffen.

Dann das „Übliche“: So viel Verstärkung rufen wie geht, maximale Gewaltanwendung und, dieses Mal – es gibt ja Öffentlichkeit – eine Polizeimeldung, die das Ganze relativiert und die Betroffenen möglichst gewalttätig darstellt. Zum Verhalten der Bullen? Die „Ansprache“ – so kann man das Anschreien auch nennen – werden als „nicht in Ordnung“ oder „steht so schon nicht im Polizeihandbuch, aber naja Zwinkersmily“ kommentiert und außerdem festgestellt, „der Polizei sei der 19-Jährige kein Unbekannter“, was anscheinend ein Freifahrtschein dafür ist, den Schädel von jemandem gegen ein Polizeiauto zu donnern.

Jeder und jede, die/der sich schon mal in eine Polizeikontrolle eingemischt hat weiß, dass Polizist*innen darauf fast immer aggressiv reagieren. Oftmals werden wahllos Platzverweise ausgesprochen und – wenn man den Grund einfordert – einfach gelogen, dass die Bullen sowas wie Gründe nicht brauchen oder angeben müssen. Außerdem wird oftmals mit Festnahme und Gewalt gedroht oder das Ganze endet damit. Jeder und jede der/die sich auch nur mal ein bisschen mit Polizei Verhalten bei Kontrollen, Festnahmen, auf Demonstrationen, bei Zwangsräumungen oder Abschiebungen auseinandergesetzt hat weiß, wie gewalttätig sie sind und wie sehr sie danach lügen.

Und ob die Person gegenüber den Bullen beleidigend war? Der Polizei gegenüber welche immer wieder Migrant*innen, Obdachlose, Arme, Linke usw. drangsaliert, verprügelt, sie von ihren Plätzen verdrängt, Zwangsräumungen durchführt, abschiebt und mit so vielen Menschen umgeht als wären sie Dreck? Wenn es so war, dann können wir es verstehen.

Wer mit offenen Augen durch irgendeine Stadt in Deutschland geht, weiß: Es gibt in Deutschland ständig Polizeiübergriffe und rassistische Kontrollen.

Sei es das Wegscheuchen Obdachloser oder das Drangsalieren von migrantischen Jugendlichen: Schikane, Rassismus und Gewalt durch die Polizei findet täglich statt. Die Polizei kommt selbst dann ungeschoren davon, wenn sie einen Migranten in einer Zelle verbrennt, wie Oury Jalloh 2005 in Dessau. Es besteht wenig Interesse von Politiker*innen, dem einen Riegel vorzuschieben. Das hat aber nicht nur mit der Macht der Polizei zu tun, sondern auch mit ihrer Funktion: Die Polizei beschützt diese Verhältnisse, sie beschützt die Reichen und drangsaliert die Armen. Sie beschützt das Eigentum an Fabriken, Wohnungen und riesigen Landflächen, die allen gehören sollten. Wenn Menschen sich wehren, dann kommt die Polizei und macht den Weg frei für die Interessen von Staat und Unternehmen.

Aber zumindest hier und da nimmt der öffentliche Druck und die Ablehnung gegenüber der Polizei zu – und das ist gut so. Polizeigewalt und rechte Netzwerke in der Polizei sind dabei absolut nichts Neues, man erinnere nur an die Spitzenpositionen in BKA und LKA mit ehemaligen Mitgliedern der Gestapo und der SS. Was neu ist: Dass von mehr Leuten hingeschaut wird, deswegen kreischen die Polizeigewerkschaften auch derartig.

Gegen Polizeigewalt hilft nur zusammentun, solidarisch miteinander sein. Wir rufen alle auf: Wenn ihr Kontrollen beobachtet, schaut genau hin, greift bei Polizeiübergriffen ein und betreibt Aufklärung und Dokumentation von Polizeiübergriffen.

Polizei? Keine Freunde! Keine Helfer*innen!