Unser Redebeirag beim GSD am 20.09.2025

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Wir wollen heute über Ökosozialismus reden. Für die Rechten ist dieser zu einem Kampbegriff geworden, für sie steht der Begriff für Bevormundung, Einschränkung, Verzicht, und sie haben dieses Narrativ erfolgreich in den gesellschaftlichen Debatten etabliert. Kein Wunder, wenn die Regierung unter dem Deckmantel des Klimaschutzes den Menschen an den ohnehin schon schmalen Geldbeutel geht. Selbst die Grünen werden des Ökosozialismus bezichtigt, wobei deren Politik nun wirklich nichts sozialistisches hat. Was hat es also mit Ökosozialismus auf sich? Droht uns eine Art Öko-DDR?

Zunächst einmal stellen wir fest: Der Kapitalismus kann es einfach nicht! Und das kommt nicht vom „nicht wollen“ oder „nicht hinbekommen“, sondern liegt im System begründet. Es ist schließlich der Kapitalismus und seine Produktionsweise, die vor allem auf fossiler Energie beruht, die den Klimawandel erst verursacht hat. Deshalb liegt es auf der Hand das dieses System nicht dazu geeignet sein kann, die Zerstörungen effektiv einzudämmen, geschweige denn die Klimakatastrophe aufzuhalten. Im Kapitalismus muss Klimaschutz immer „bezahlbar“ und „wirtschaftlich“ sein, darf also die Profite nicht gefährden. Das steht als Prämisse vor allem anderen und wird auch in der öffentlichen Debatte nie in Frage gestellt.

Solange aber Produktion und Produktionsmittel sich als Privateigentum der gesellschaftlichen Kontrolle entziehen, wird sich nichts ändern. Die Unternehmen, die unter dem Zwang zur Maximierung des Profits stehen, scheren sich nicht um die ökologischen Folgekosten ihres Tuns, solange die Gesellschaft, der diese Kosten aufgebürdet werden, sie nicht dazu zwingt. 

In diesem System aber ist die Politik abhängig von Steuereinnahmen und somit interessiert an einem reibungslosen funktionieren des Kapitalismus. Weder ein „Green New Deal“ noch eine sogenannte „Postwachstumsgesellschaft“ werden aus dieser Sackgasse herausführen, weil beide nichts an der Produktionsweise ändern. Die Klimakrise kann innerhalb des Kapitalismus nicht gelöst werden und einen Kapitalismus ohne Wachstumszwang kann es genausowenig geben, wie es „ein bisschen schwanger“ geben kann.

Die Klimakrise erfordert die Abkehr von den „blinden Kräften des Marktes“ hin zu einer planvollen Wirtschaft, die sich gezielt weltweit abstimmt und sich dabei an den Bedürfnissen von Mensch und Natur orientiert, ohne Profit generieren zu müssen – einen ökologischen Sozialismus. Einer, der die Menschen nicht gängelt, sondern überzeugt, und von allen gemeinsam zum Wohle aller verwirklicht wird. 

Statt im falschen Gegensatz von Konsum und Verzicht zu verbleiben und Reichtum nur als rein quantitative Frage zu verhandeln, wollen wir für eine neue Form des Reichtums eintreten.

Im Kapitalismus erscheint der gesellschaftliche Reichtum als eine „ungeheure Warensammlung“ (ein Marx-Zitat muss sein), von der große Teile der Weltbevölkerung permanent ausgeschlossen sind. Die flächendeckende Befriedigung von materiellen Grundbedürfnissen müsste in einer neuen Gesellschaft an erster Stelle stehen. 

Die materiellen Lebensbedingungen würden sich in einem ökologischen Sozialismus erheblich bessern, wenn die Grundpfeiler der Daseinsvorsorge – Gesundheitssystem, Wohnen, Bildung und Erziehung sowie Ernährung – also alle Güter des täglichen Bedarfs, unter demokratischer Kontrolle der kapitalistischen Verwertungslogik entzogen werden. 

Ein absenken des Stoff- und Energieverbrauchs in den Industrieländeern auf ein Niveau, das global verallgemeinert werden könnte, müsste nicht zu weniger Lebensqualität führen. Ein bedarfsgerechter vernünftig eingerichteter öffentlicher Verkehr – anstatt stinkender Blechlawinen – würde z.B. mehr Platz, Lebenszeit, Ruhe, Sicherheit und Umweltqualität in den Städten bedeuten. Städte wie Paris und Barcelona machen es jetzt schon vor.

Die radikale Ausweitung eines solchen geteilten „öffentlichen Luxus“ und die bewusste Planung des gesellschaftlichen Stoffwechsels mit der Natur würde auch Spielräume für qualitativ neue Formen gesellschaftlichen Reichtums eröffnen.

Dazu gehört vor allem mehr frei verfügbare Zeit und damit die Möglichkeit, sich um sich selbst und andere zu kümmern. Zeit, um auch über die Belange der Gesellschaft mitzuentscheiden, sich zu bilden und kreativ zu betätigen. 

Klingt ganz gut, so ein Ökosozialismus, oder? Dafür müssen wir nur mal eben den Kapitalismus abschaffen und die Gesellschaft umkrempeln. Und das schnell. Natürlich erscheint eine solche Aufgabe erst einmal unrealistisch, wenn nicht sogar unlösbar, und ohne einen – wie auch immer gearteten – Übergang wird es sicherlich nicht gehen.

Andre Gorz, ein Pionier der Ökologiebewegung, hat den bitteren Schluss gezogen: „Wenn es uns nicht gelingt, gemeinsam (und gemeinsam meint in diesem Falle: weltweit) endlich durch Aushandlungen einen Einstieg in den Ausstieg zu finden, wird die Natur uns diesen aufnötigen.“ 

Wir werden so oder so mit den Folgen der Klimakatastrophe umgehen müssen. Lasst uns als Klimabewegung versuchen, unsere Utopien konkret werden zu lassen anstatt zu moralisieren oder in Fatalismus zu verfallen. Autoritäre Krisenbewältigungsstrategien, bis hin zum Ökofaschismus, gibt es genug. Nur wenn wir es schaffen, den Menschen zu vermitteln, dass wirklicher Klimaschutz sie nicht bevormundet und ausnimmt, sondern eine Perspektive zu neuem gesellschaftlichem Reichtum und mehr Lebensqualität bieten kann, werden wir dem etwas entgegensetzen können. 

Wir brauchen keinen Profit für einige, sondern Lebensqualität für ALLE

Für einen ökologischen Sozialismus!