Unser Redebeitrag auf der Demo „Gegen rechte Strukturen in unserer Nachbarschaft – Burschenschaft Arkadia Mittweida in der Herderstraße dichtmachen“ am 23.11.2024:
Studentenverbindungen sind reaktionäre Männerbunde. Oder um es mit Kurt Tucholsky zu sagen: „Verbindungsstudenten sind ein Haufen von verhetzten, irregeleiteten, versoffenen, farbentragenden jungen Deutschen!“. Und es gibt sie (leider) schon sehr lange. Ein Blick in die Geschichte hilft diese Organisationen besser einordnen zu können. Im Gegensatz zu Frankreich gab es in Deutschland nie eine bürgerliche Revolution. Im Gegensatz zu Frankreich war der Nationalismus, als gegen den Adel gerichtet nie irgendwie progressiv. Die Gründung Deutschlands kommt nicht mit einer bürgerlichen Revolution zustande, sondern durch die sogenannten Reichskriege 1864, 1866 und 1870/71 . Historisch ein zentrales und verbindendes Moment bei Burschenschaften und vielen Studentenverbindungen ist gerade die Ablehnung Frankreichs und der damit verbundenen Ideale „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Nicht zufällig kämpfen 1813 bis 1815 viele Verbindungsstudenten bzw. Corps-Mitglieder gegen Napoleon und zwar nicht aus irgendwelchen Freiheitsgründen, sondern weil Frankreich in Deutschland die Kirche entmachtet und das bürgerliche Gesetzbuch einführt.
Ein zentrales Gründungsmoment in der Geschichte der Burschenschaften ist das Wartburgfest 1817. Bei der dortigen Bücherverbrennung wurden unter anderem der Code Napoleon, das damals fortschrittlichste bürgerliche Gesetzbuch und Werke von Juden verbrannt, ihnen wurde Verrat am Deutschtum vorgeworfen, antisemitische Beschlüsse, insbesondere hinsichtlich der Mitgliedschaft von Juden wurden dann in den kommenden Jahrzehnten immer weitere gefasst. Und ja es stimmt, es gab eine kurze Phase, in der Teile der Studentenverbindungen für zumindest bürgerlich-demokratische Positionen eintraten, der gemeinsame Nenner war allerdings „Das deutsche Volk“ und die Einigung Deutschlands. Und zu der Geschichte gehört eben auch: Sie konnten sich innerhalb der Bewegung nicht durchsetzen. Nach der gescheiterten Revolution 1848/49 verlieren diese Strömungen den Machtkampf innerhalb der Studentenverbindungen. Die Hochphase der Burschenschaften ist dann eben auch das deutsche Kaiserreich, in dem diese eifrig beim deutschen Versuch eine Kolonialmacht zu werden mitmischten.
Und es überrascht nicht, dass nach dem ersten Weltkrieg Burschenschaftler auf der Seite der Konterrevolution stehen, also die revolutionären Erhebungen und Aufstände von linken Arbeiter:innen mit niederschlagen, in den rechten Freicorps organisiert sind und 1923 stolz in ihren Blättern damit angeben, dass Mitglieder am gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch beteiligt waren. Sie sind in der Weimarer Republik monarchistisch oder faschistisch in jedem Fall antidemokratisch und straff antikommunistisch. Viele ihrer Mitglieder sind schon vor der Machtübergabe an die Nazis Teil des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes. In den 30er Jahren werden alle Studentenverbindungen dann eingegliedert in den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund. Sie tragen das gerne heute vor sich her, dass sie „gleichgeschaltet“ bzw. verboten wurden. Das ist eine Lüge! Die Verbindungsstudenten hatten kein Problem mit dem NS-Staat, sie durften ihre Häuser behalten und wer sich die Beitrittsdaten anschaut wird feststellen, dass auch zwischen 1933-1945 Menschen in die Verbindungen eingetreten sind. Womit sie ein Problem hatten ist, dass sie ihren Standesdünkel angegriffen sahen, denn mit der Machtübernahme der Nazis konnten nun auch Menschen die nicht der Elite angehörten an Universitäten, wenn sie sich als besonders linientreu hervorgetan haben.
Dieser Blick in die Geschichte zeigt, dass Burschenschaftler und in aller Regel auch Verbindungsstudenten immer auf der Seite der Herrschenden standen und zwar meist auf der reaktionärsten Ausformung der Herrschaft. Und bis heute sind sie Kaderschmieden für reaktionäre Parteien und Organisationen und Karriereleiter um in wichtige Positionen in Politik und Wirtschaft zu kommen. Wer das nicht glaubt dem empfehlen wir einen Blick nach Österreich: Der ehemalige Vize-Kanzler Strache war neben seiner früheren Mitgliedschaft in einer Nazi-Wehrsportgruppe Mitglied einer deutschnationalen Schülerverbindung mit immer engen Kontakten zu Burschenschaften.
Burschenschaften waren und sind zentrale Organisationen der Reaktion, sie sind gefährlich, egal wie albern sie aussehen und gehören angegriffen. Den Rechten die Räume nehmen – Arkadia Mittweida das Haus nehmen!