Über 2000 Menschen sind gestern dem Aufruf der Kampagne „Den Rechten die Räume nehmen“ gefolgt. Wir freuen uns sehr, dass soviele Leute für einen konsequenten Antifaschismus auf die Straße
gegangen sind.
Und zwar nicht trotz, sondern weil die Kampagne dabei auch die Ampel-Regierung und die CDU aufs Korn genommen hat. Vielen Menschen hat die top-down Kundgebung mit Vertreter*innen und Polit-Promis am Vormittag offensichtlich nicht gereicht, viele Menschen wollten durch die Stadt ziehen und nicht nur rumstehen. Die Demo stattete dabei zwei Orten in Osnabrück einen Besuch ab, die eine wichtige Rolle für die Rechte hier vor Ort sind:
Der Burschenschaft Arkadia Mittweida in der Herderstraße (deren Haus augenscheinlich zuvor wieder mal ein wenig Farbe abbekommen hat :D) und dem griechischen Restaurant Pontospark. Erstere ist eine wichtige Schnittstelle der Faschisten in Osnabrück, hat einige Mitglieder der Jungen Alternative bei sich organisiert und lädt regelmäßig AfD und Identitäre zu sich ins Haus ein. Das Restaurant wiederum stellt der AfD seit 2018 immer wieder Räumlichkeiten zur Verfügung. Gestern Abend haben 2000 Antifaschist*innen unmissverständlich klargemacht: Mit uns müsst ihr rechnen, wenn ihr euch die AfD ins Haus holt! Wir haben auf der Abschlusskundgebung versucht deutlich zumachen, dass die AfD nicht vom Himmel fällt, sondern Ausdruck der Verhältnisse ist. Der Nutzenrassismus des bürgerlich-politischen Lagers aka „Fachkräfte Ja – der Rest soll draußen bleiben“ wird bei der AfD auf Menschen mit deutschen Pass angewandt.
Vormittags konnte die Kampagne eine Rede auf der Kundgebung im Schlossgarten halten, in der klar gemacht wurde, dass die Ampel-Regierung gerade wie in der Vergangenheit Arme gegen Migran*tinnen ausspielt und im Windschatten der Proteste weiter fleißig die Abschiebepolitik forciert. Die Rede wurde vom Großteil der Teilnehmer*innen begrüßt.
Abschließend bleibt zu sagen: Bringt euch ein, macht mit bei der Kampagne. Kommt zu den offenen Treffen immer am ersten Montag um 18:00 Uhr und am dritten Dienstag um 19:00 Uhr im SubstAnZ.
Unser Redebeitrag auf der Demo:
Es gibt gerade eine breite Welle der Empörung gegen die bekannt gewordenen Deportationspläne von AfD und Werteunion. Wenn man sich allerdings anguckt, was die Regierung für eine Migrationspolitik macht und welche Rhetorik sie auffährt ist es nur verlogen wenn gerade diese Leute von Tabubrüchen sprechen.
Das Framing von Tabubruch tut so, als würde die AfD hier ganz außerhalb vom politisch-ökonomischem Normalbetrieb stehen. Als würde sie vom Himmel fallen und sich quasi in einer Parallelmatrix zu anderen Parteien bewegen. Wenn man sich aber anschaut welche Kritierien die AfD für die Menschen, denen Deportationen widerfahren sollen, anlegt, lassen sich durchaus Parallelen zum Abschiebekurs der anderen Parteien ziehen.
Der AfD geht es um Staatsbürger*innen, die aus ihren Augen für Probleme sorgen, z.B. in Form von angeblicher Arbeitsverweigerung. Die Migrationspolitik der Ampel und natürlich auch die Vorschläge der CDU: Fachkräfte ja – alle anderen sollen draußen bleiben – ist nur einen Schritt davon entfernt dieses Kriterium auch an Menschen mit deutschem Pass anzulegen. Das ist der Punkt, wo sich Faschisten und die übrigen Vertreter*innen bürgerlicher Politik und Herrschaft treffen.
Dass migrantischen Menschen dabei zusätzlich noch Steine in den Weg gelegt werden, was Spracherwerb und Arbeitssuche angeht – geschenkt. Was durch so ein Vorgehen erleichtert wird, sind Abschiebungen. Kein Zufall. Die dazugehörige Außenpolitik lässt sich auch nicht anders als menschenfeindlich beschreiben. Wenn relativ eindeutig gesagt wird: In der Migrationspolitik geht*s drum, Fachkärfte ranzukriegen, aka verwertbare Leute, kalkuliert man den brain drain, den andere Länder dadurch erfahren, bewusst mit ein. Ausbildungskosten werden outgesourced, die Früchte möchte Deutschland aber schön selber ernten.
Standort Deutschland stärken ist eben das worum es geht. Daran muss sich die Migrationspolitik messen, aber eben auch die Sozialpolitik. Und dem Standort bzw. seinen Unternehmen geht es in der Staatenkonkurrenz eben dann „gut“, wenn verwertbare Arbeitskräfte zu Verfügung stehen und das nach Möglichkeit auch noch zu schön billigen Löhnen. Dass die meisten Menschen hier wie anderswo kein Interesse an beschissenen Arbeitsbedingungen, beschissener Bezahlung und so nem Scheiß wie Jobcenter haben liegt eigentlich auf der Hand. Nationalismus, die Ideologie, dass eine Nation eine Gemeinschaft sei ist eben genau dafür da diese Widersprüche zu kitten. Sobald von Volk statt von Klasse die Rede ist, fallen die maßgeblichen Unterschiede zwischen Arbeiter*innen und ihren CEO’s schnell mal unter den Tisch. Oder wie KIZ es sagt: „Du und dein Boss haben nix gemeinsam bis auf das Deutschlandtrikot“.
Was durch den Volksbrei verschleiert wird ist, dass rechte Politik, in ihrer Essenz Politik gegen Arme ist. Aber hey, die Sozialkürzungen fallen ja nicht auf, wenn man gleichzeitig eine Denkschablone zur Selbsterhöhung angeboten bekommt, wie z.B. sich über seinen migrantischen Mitarbeiter statt über seinen Chef zu echauffieren. Teile und Herrsche.
Eben diese ideologische Erzählung, wir würden alle in einem Boot sitzen ist ein zentraler Ursprung von faschistischer Ideologie. Irgendwer muss sich ja an der Gemeinschaft vergreifen, muss sich ja nicht genug anstrengen was auch immer. Stattdessen ist es notwendig, dass sich Menschen entlang ihrer Klasse und nicht „ihrer“ Nation zusammentun und für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen kämpfen, tun sie das nicht werden sie und dementsprechend wir alle in den Hintern getreten.
In diesem Sinne: Gegen die Faschist*innen der AfD geht nur radikal – gegen Staat, Nation und Kapital.