Der Mord an Peter Hamel war ein Akt politischen Terrors. Das war den Tätern wahrscheinlich nicht bewusst. 1994 konnte ihnen ihr Handeln als spontane Auflehnung der Normalität erscheinen, die sich gegen den für sie alles in Frage stellenden Schrecken queerer Existenz richtete.
Es ist aber wahr, und verdient Betonung. Deshalb noch einmal: Der Mord an Peter Hamel war ein Akt politischen Terrors.
Die gegen ihn gerichtete Gewalt hätte zu einem Teil einer Bedrohungskulisse werden sollen. Eine Kulisse, die sich aus anti-queerer Gewalt, Femiziden, Vergewaltigungen und mehr zusammensetzt.
„Das sind die blutigen Konsequenzen von Auflehnung“, sagt sie.
Aber Auflehnung wogegen? – was soll durch diesen Terror, der sich durch unsere Gesellschaft zieht, politisch aufrecht erhalten werden?
Peter Hamel wurde in einem mutigen Akt des Verrats an einer gesellschaftlichen Ordnung und deren gewaltförmiger Reglementierung von Identität und Begehren, zum Zwecke der Stabilisierung und Reproduktion heterosexistischer männlicher Herrschaft, ermordet.
Er hatte sich mit der absoluten, unterdrückten Mehrheit von FLINTA*, queeren Männern, aber auch Kindern solidarisiert und dafür mit seinem Leben bezahlt.
Damals konnte, trotz der AIDS-Krise und trotz eines gesellschaftlichen Rechtsrucks, lokal direkt demonstriert werden, dass dies nicht mehr als Einschüchterung funktionieren würde. Eine Gegenöffentlichkeit hatte sich erfolgreich aufgebaut. Diese konnte deutschlandweit einem Staat, der lange Zeit diesen patriarchalen Terror direkt gefördert und gefordert hatte – auch um Überausbeutung als Voraussetzung kapitalistischer Wertschöpfung aufrecht zu erhalten – Zugeständnisse abringen.
Das zugrunde liegende Verhältnis war damit natürlich nicht aufgehoben. Dennoch gab es Grund für Optimismus. Es sah aus, als sei das Patriarchat im endgültigen Rückzug.
Aber die Ordnung der Welt ist immer am gefährlichsten, wenn sie herausgefordert wird. Die Welt ist noch nicht gewonnen.
Heute sammeln sich auch in Osnabrück wieder offen Neonazis – bewaffnet mit Springerstiefeln, weißen Schnürsenkeln und Tattoos der schwarzen Sonne. Sie sind darum bemüht, Präsenz zu zeigen — um die beschriebene Bedrohungskulisse in ihrem Sinne zu verstärken und der bebenden Ordnung wieder Stabilität und Zähne zu geben. Ermutigt von Wahlerfolgen der AfD, die ihrerseits bereit sein wird, sie potenziell auch staatlicherseits als Fußsoldaten und Vollstrecker zu nutzen. Gegen queere Existenz, gegen weibliche Selbstbestimmung, für das Patriarchat.
Was ist zu tun? Das Problem muss als politisch begriffen werden. Entgegen einem liberalen Framing mögen diese Jungnazis zwar Hass fühlen und darauf basierend handeln, ihr Hass aber ist keine individuelle Pathologie, sondern er ist in einem Kontext entstanden, der ihn für Herrschaft nutzbar macht. Sie radikalisieren sich, gerade weil das Patriarchat darin versagt, seine Versprechen ihnen gegenüber einzuhalten.
Wir sollten dem Beispiel Peter Hamels folgen und uns ihnen entgegenstellen, wo immer wir sie antreffen – und das beginnt im Diskurs. Im Idealfall jedoch niemals alleine. Und warum sollten wir jemals alleine sein?
Politisches Bewusstsein könnte eine absolute anti-patriarchale, antifaschistische Mehrheit schaffen. Das ist es, was das Patriarchat so dringend verhindern will und warum Peter Hamel aus Sicht dieser Ideologie sterben musste.
Wenn wir heute zusammenstehen, in Erinnerung an ihn und all jene, die dieser Ordnung zum Opfer gefallen sind, dann zeigen wir: Das Patriarchat mag töten, aber es wird verlieren – denn die Sehnsucht von Frauen, Kindern und Männern, ganze Menschen zu sein, ist stärker als jeder Terror. Die Idee zeigt sich in der Praxis.