Kein AfD-Stammtisch in Osnabrück! – Redebeitrag

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Unser Redebeitrag auf der Kundgebung „Kein AFD-Stammtisch in Osnabrück“ der Kampagne „Den Rechten die Räume nehmen“ am 26.07.2025

Antifa heißt Klassenkampf – mehr als eine Phrase!

Hallo liebe Genoss:innen, liebe Passant:innen in der Johannisstraße. Die AfD hatte wieder einen Ort für ihre Treffen und erneut haben wir gemeinsam dafür gesorgt, dass sie ihn verloren haben. Das wir Faschist:innen den Raum nehmen, um sich zu organisieren und zu vernetzen ist wichtig und richtig. Davon müssen wir hier wohl niemanden überzeugen. Wie 2023 konnten wir dafür sorgen, dass die AfD rausfliegt, ihre Reaktion ist eigentlich auch dieselbe Leier. Obwohl es in Osnabrück schon spezielle Formen annimmt. So wähnt sich der Vorsitzende der AfD Osnabrück Florian Meyer offenbar in einer Art politischen Endkampf, wenn er schreibt „Lasst uns gemeinsam voranschreiten, ungebeugt, unerschütterlich, siegessicher […] und wir werden siegen. Ich stelle mich […] diesem freiheitsfeindlichen Verhalten mit ganzer Kraft entgegen“. Auch wenn Florian verlässlich für einen guten Mix aus Belustigung und Fremdscham sorgt, wer sich das Rumgeheule der AfD, hier wie bundesweit, anschaut wird feststellen, dass sich der moderne Faschismus auf Freiheit beruft. Das mag zunächst widersprüchlich erscheinen, schließlich sind Faschist:innen doch die Feinde der Freiheit?!

Doch Faschismus ändert sich, ebenso wie die gesellschaftlichen Verhältnisse sich ändern und diese bringen ihn schließlich immer wieder hervor. Lehnte der historische Faschismus bürgerliche Freiheit ab, gibt es heute kaum eine faschistische Mobilisierung ohne auf diese Bezug zu nehmen. Moderne Faschist:innen wähnen sich in einer Rebellion gegen den totalen Staat. Es lohnt sich genauer anzuschauen, was Faschist:innen mit „Freiheit“ meinen und woher es kommt, dass sie davon sprechen.

Sie meinen damit die Freiheit alles tun zu können was sie wollen, letztlich ist es die Freiheit des Eigentums auf die sie bewusst oder unbewusst Bezug nehmen. Denn in einer kapitalistischen Gesellschaft gehört das Eigentum an Produktionsmitteln (also bspw. Maschinen und Server) Einzelnen, sie können damit erstmal tun was sie wollen, haben erheblichen Einfluss damit auf unser aller Leben und es ist die Grundlage für die Ausbeutung. Dieser Freiheitsbegriff ist die Grundlage für den Bezug der Faschist:innen – sie identifizieren sich mit der Macht. Allerdings genügt das nicht, um zu erklären, warum sich die politische Rechte heute so sehr darauf bezieht und vor allem damit Menschen mobilisiert bekommt, denn Privateigentum gab es auch schon vor 100 Jahren.

Die letzten Jahrzehnte sind die Jahrzehnte des Neoliberalismus: Der Zerschlagung der Arbeiter:innenbewegung – sozialdemokratisch wie kommunistisch – der Atomisierung und Vereinzelung von Menschen, der Zugriff des Kapitalismus auf alle Teile der Welt, der maximalen Ausbreitung der Ideologie, dass wir alle unseres Glückes Schmied seien und der Individualisierung gesellschaftlicher Probleme. Der Lack vom neoliberalen Glückversprechen ist ab, spätestens seit der Krise 2007/2008. Die Prägung durch neoliberale Ideologie wie den Gesellschaftsumbau, die Vereinzelung, dass es keine kollektiven Antworten mehr auf gesellschaftliche Probleme mehr gibt, dass Politik eigentlich nur noch Sachzwangverwaltung meint und das Märchen „There is no alternative“ sind geblieben. Das bringt entsprechende faschistische Mobilisierungen hervor, die sich auf einen entsprechenden Freiheitsbegriff zurückgreifen.

Hinzu kommt die Klimakrise. Die kapitalistische Produktionsweise zerstört (perspektivisch) die Lebensgrundlage des Menschen, hier und erst recht anderswo. Es bräuchte radikale Veränderungen um das aufzuhalten, stattdessen wird individueller Verzicht gepredigt. Das Angebot der politischen Rechten lautet hier, sehr runtergebrochen, dann einfach auf alles scheißen zu können und die Klimakrise schlicht zu leugnen – das meinen sie auch hier mit Freiheit. Eine kollektive und demokratische Lösung der Klimakatastrophe können sich weder sie, noch die bürgerlichen Parteien überhaupt vorstellen.

Das bedeutet nicht, dass sich die modernen Faschist:innen, trotz ihres Geredes nicht dem Staat unterordnen wollen. Doch das wollen sie, ein Blick in die USA genügt dafür. Unterordnen und Identifizieren mit Autorität, die verspricht genau diesen Begriff von „Freiheit“ rücksichtslos umzusetzen.

Was heißt das jetzt für uns Antifaschist:innen?

Faschist:innen müssen bekämpft werden. Sie müssen in ihrem Handeln eingeschränkt werden, antifaschistischer Selbstschutz, gerade in Anbetracht des Erstarkens rechter Jugendgruppen muss aufgebaut werden. Aber das genügt nicht. Diese Gesellschaft bringt Faschismus hervor und prägt ihn, wie wir versucht haben zu zeigen, auch konkret. Das heißt tatsächlicher Antifaschismus muss als Ziel haben, diese kapitalistische Gesellschaft abschaffen und auch auf diese ganz konkrete Prägung reagieren, das geht nicht ohne Organisierung: Zusammentun, Bildungsarbeit, Koordination das alles muss eine Organisation leisten.

Wenn es stimmt, dass diese Gesellschaft Faschismus als Möglichkeit in sich birgt und gerade in Krisenzeiten besonders hervorbringt und wenn es stimmt, dass die Zerschlagung der Arbeiter:innenbewegung, bei allem was an ihr zu kritisieren ist und die Vereinzelung den modernen Faschismus prägen, dann heißt das: Antifaschismus muss mehr sein, als das „bloße“ Bekämpfen von Rechten. „Antifa heißt Klassenkampf“ ist dann nicht bloß eine altbackene Parole. Wenn es aber mehr sein soll als das, muss es auch umgesetzt werden. Das heißt mit Menschen ins Gespräch kommen, tatsächlich versuchen Menschen zu erreichen, Streiks unterstützen und Organisierungsarbeit leisten. Wir haben da auch kein Patent-Rezept, auch wir müssen lernen wieder Bewegung zu werden, aber lasst es uns gemeinsam versuchen.

In diesem Sinne: Für einen revolutionären Antifaschismus!