Heute stehen wir hier um gemeinsam mit euch ein Zeichen gegen die Gentrifizierung in der Johannisstrtaße und in Osnabrück allgemein zu setzen.
Im Februar 2024 stellte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter gemeinsam mit dem Leiter der Polizeiinspektion Osnabrück ein 10-Punkte-Programm vor. Man muss sich nicht lange mit dem Programm auseinandersetzen, um festzustellen worum es hier geht: Nicht um Sicherheit, sondern um Verdrängung, Überwachung und Aufwertung der Johannisstraße. Besonders deutlich wird das an den folgenden drei Punkten:
- Einrichtung einer Waffenverbotszone in Teilen der Innenstadt.
- Ausweitung der Alkoholverbotszone in der Johannisstraße und Salzmarkt.
- Flächendeckende Videoüberwachung in der Johanisstraße und am Neumarkt.
Dass eine Waffenverbotszone wohl erstmal niemanden davon abhält eine Waffe zu benutzen, der/die das vor hat sollte eigentlich jedem einleuchten. Es geht aber auch gar nicht darum! Eine Waffenverbotszone ermöglicht es der Polizei legal jeden nach eigenem Ermessen und ohne Angabe von Gründen komplett zu kontrollieren, Taschenkontrolle inbegriffen. Alleine das Mittel ist hervorragend geeignet dafür, Menschen durch regelmäßige Kontrollen und Drangsalierungen zu vertreiben. Eine ähnliche Zone wurde in Magdeburg und Halle von Gerichten im Übrigen gekippt.
Die Alkoholverbotszone richtet sich nicht in erster Linie gegen Alkoholkonsum in der Johannisstraße, sondern gegen Obdachlose und Suchtkranke. In den letzten Jahren wurden sie immer mehr von anderen Orten, wie bspw. dem Schlossgarten oder der großen Straße verdrängt. Die flächendeckende Videoüberwachung ermöglicht einen tiefgreifenden Eingriff in die Privatsphäre von Menschen, bald ggf. mit KI inklusive.
Dass also von diesen Maßnahmen vor allem Arme, Migrantisierte und Suchtkranke betroffen sind, sollte deutlich sein. Es geht uns an dieser Stelle nicht darum, zu leugnen, dass es in der Johannisstraße Probleme gibt. Natürlich gibt es Auseinandersetzungen, natürlich gibt es sexistische Scheiße und natürlich gibt es auch Gewalt. Armut und Kriminalität hängen zusammen, dafür muss man nicht Sozialwissenschaften studieren. Was die Stadt hier macht, ist allerdings Arme bekämpfen, nicht die Armut.
Und auf welcher Grundlage? Subjektivität! Die Oberbürgermeisterin führt überhaupt keine belegbaren Daten oder Fakten an, um die Maßnahmen zu rechtfertigen. Versteht uns nicht falsch, auch dann wären die Maßnahmen abzulehnen. Aber hier kommt eine sehr gefährliche Entwicklung zum Vorschein: Wenn sich die Stadt bzw. der Staat, gar nicht mehr rechtfertigen müssen bzw. sich dazu genötigt sehen zumindest das zu tun, um repressive Maßnahmen durchzusetzen, sondern schlicht mit subjektivem Empfinden argumentieren, ist das ein weiterer Schritt in Richtung autoritäre Formierung.
Das heißt aber nicht, dass es hier keine handfesten Interessen gibt. In der Johannisstraße/Neumarkt werden gerade zwei Hotels gebaut (die niemand braucht), der sog. Niedersachsentag steht vor der Tür und die Stadt sagt allgemein seit Jahren, dass sie die Johannisstraße aufwerten will. Das heißt, es geht um die Interessen von Immobilienkapital und Ziele der Stadt sich zu vermarkten. Wer jetzt meint, das geht mich ja nix an, das betrifft mich nicht: Die Mieten werden ebenfalls steigen. Nicht „bloß“ in der Johannisstraße, sondern auch in den anliegenden Straßen. Eine Entwicklung wie in der Johannisstraße kann schließlich auch Vorbild sein für weitere Verdrängungs-, Aufwertungs- und Überwachungspolitiken.
Schließlich sollten wir uns alle ins Gedächtnis rufen, das Abrutschen in die absolute Armut kann jeden von uns treffen und das schneller als man denkt. Wir haben gemeinsam ein Interesse daran, solche Politik zurückzuweisen, niemand hat ein Interesse an hohen Mieten (außer Vermieter*innen). Es ist eine weit verbreitete Illusion der sog. „Mittelschicht“ näher zu sein, als dem Bürgergeld, faktisch sind wir aber fast alle der absoluten Armut näher als dem Mittelstand!
Lasst uns für bezahlbaren Wohnraum, für eine Stadt Osnabrück für alle kämpfen und gegen Verdrängung, Überwachung und Gentrifizierung!