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Antifaschismus Repression

„Zynischer kann es wohl nicht werden“ – zum Prozess am 02.04.25 gegen einen Osnabrücker Antifaschisten

Am Mittwoch den 02.04.25 fand die Berufungsverhandlung gegen einen Antifaschisten statt, der am 27.01.24 aus unserer Demo „Alle zusammen gegen den Faschismus“ von der Polizei herausgezogen wurde. Ihm wurden tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Bedrohung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung vorgeworfen.

Was war passiert?
Unsere Demonstration vergangenen Jahres zog an der rechtsradikalen Burschenschaft Arkadia Mittweida vorbei. Die Polizei hatte sich vor der Burschenschaft positioniert. An der Burschenschaft gab es eine Zwischenkundgebung, die Demonstration mit über 2200 Teilnehmer:innen staute sich, der Betroffene ging auf dem Bürgersteig und wurde grundlos von der Polizei auf die Straße geschubst. So weit, so Alltag. Ein paar Straßen weiter wurde der Aktivist brutal von der Polizei aus der Demo gezogen.

Zu den Vorwürfen
Die Vorwürfe gegen den Betroffenen sind an Haaren herbeigezogen. Die Polizei behauptete, dass der Angeklagte aus der Demo versucht habe alleine die Polizeikette vor der Burschenschaft zu durchbrechen, die Beleidigung soll ein Duzen gewesen sein, die Bedrohung die Frage, ob die Cops „ein paar aufs Maul wollen“ – was der Betroffene nicht gesagt hat. Der Vorwurf des Widerstands ist eigentlich obligatorisch bei polizeilichen Festnahmen. Interessant an dieser Stelle: Niemand von den Polizist:innen hatte einen tätlichen Angriff in seinen Bericht geschrieben und auch nach eigener Aussage gegenüber dem Betroffenen thematisiert.

Zur Berufungsverhandlung
Die Berufungsverhandlung war mal wieder eine Farce. Jede:r der vier geladenen Polizist:innen hatte eine andere Version, wie sie vor dem Haus der Burschenschaft standen. Mal war es eine Reihe an der Bordsteinkante, mal eine Doppelreihe, mal ein schicker Halbkreis. Der tätliche Angriff soll dann ein Gegenlehnen vom Antifaschisten gegen die Polizeikette gewesen sein. Eine der Polizist:innen aus der Reihe konnte sich dann nicht mal daran erinnern, dass irgendwas passiert ist in Richtung der Polizei. Gleichzeitig soll sie aber direkt hinter dem Polizisten gestanden haben, gegen den sich der Betroffene gedrückt haben soll. Dieser wiederum behauptete, dass er „massive Kraft“ aufwenden musste, um den angeblichen Durchbruch zu verhindern. Die „Bedrohung“ will sie aber ganz genau mitbekommen haben. Ähnlich ging die Verhandlung dann weiter: Mal musste der Antifaschist aus der Demo getragen werden, mal ist er mitgelaufen und soll erst später Widerstand geleistet haben. Außerdem sei er Zitat „der Einzige auf der Demo gewesen, der in Schwarz und vermummt“ gewesen sein soll. Ein Blick in die Lokalpresse würde genügen um festzustellen, dass die Polizist:innen lügen oder dringend zum Augenarzt müssen. Der Widerstand bezieht sich dann vor allem darauf, dass sich der Betroffene nicht wie ein lebloser Gegenstand mit dem Gesicht gegen eine raue Klinkerfassade drücken ließ. Die Tatsache, dass die Polizist:innen nichts von einem tätlichen Angriff erwähnten, erklärten Staatsanwalt und Richterin damit, dass Polizist:innen ja keine Jurist:innen seien, deswegen ja gar nicht beurteilen könnten, was welcher Tatbestand sei und dies auch nicht ihre Aufgabe ist – wir leben ja in einem Rechtsstaat. Zynischer kann es wohl nicht werden.

Die Berufung wurde abgewiesen, der Antifaschist zu 130 Tagessätzen à 10€ verurteilt. Der Betroffene ist damit vorbestraft!

Als Kampagne „Den Rechten die Räume nehmen“ erklären wir uns solidarisch mit dem Betroffenen. Wir stehen zusammen gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus!