Kategorien
Repression

Prozess-Update vom 16. Dezember: Es bleibt ehrenlos

Am Montag, den 16. Dezember, haben uns die Osnabrücker Repressionsorgane mal wieder mit einem Prozess beehrt.

Wir erinnern uns: Nach unserer Demonstration am 27. Januar Anfang des Jahres bekam ein Antifaschist Post. Ihm wurde unterstellt, ausgerechnet sein Mittelfinger (von hunderten) habe aus dem Demozug heraus nicht dem Burschenschaftshaus gegolten, sondern den davor positionierten Cops. Der Angeklagte ist mit 30 Tagessätzen à 10€ weggekommen. Das sind 300€ zu viel. Aber es wäre ja nicht Osnabrück, wenn hier schon Schluss wär’ – get ready for: Mittelfingerprozess, die Zweite.

Alle guten Dinge sind 13

Nun zum zweiten Mittelfinger. Den wollen zwei Beamte bei einem Genossen ausgemacht haben, der unmittelbar nach besagtem Prozess den Gerichtssaal verließ und sich seine Brille richtete – zwei der drei Beamten zufolge leider mit dem falschen Finger. Wie gewohnt haben die beiden sich dadurch “in ihrer Ehre verletzt” gefühlt. Die entsprechende Geste durfte die Richterin sich an diesem Tag ganze 13 Mal zeigen lassen. Wenn man bedenkt, dass sich die Cops bereits von einem Mal so gekränkt gefühlt haben, dass eine Streife den Genossen direkt vorm Gericht abfing, kann man der Richterin nach der 13-fachen Konfrontation mit dieser “massiven Respektlosigkeit” nur gute Besserung wünschen.

Wobei – wie gekränkt waren wir denn nun? Cop Nr. 1 räumt wenigstens ein, dass er sich den Rest des Tages “jetzt nicht in Traurigkeit gesuhlt” hätte. Na ein Glück. Richtiger wär: die Beamten haben gelacht, von verletzten Gefühlen keine Spur. Unangenehm. Ähnlich unangenehm wie das Argument, der Genosse hätte sie beim Herausgehen aus dem Gerichtssaal bewusst angeschaut und deshalb persönlich gemeint – ja wohin auch sonst wenn man sich unmittelbar vor den Saal setzt (in Zivil btw) und damit automatisch im Blickfeld aller sitzt, die ihn verlassen?

Advent, Advent – das reimt sich nicht aber bei euch brennt’s doch

Stichwort “automatisch”: Anstatt einzusehen, dass es sich auch bei dieser speziellen Variante des Brille Zurechtrückens um einen Automatismus handeln kann, haben Richterin und Staatsanwalt es sogar geschafft, zwei eigentlich entlastende Umstände als Beweise für eine bewusste Geste auszulegen: 1. dass der Genosse schon zu Schulzeiten auf seinen früh verinnerlichten Automatismus hingewiesen wurde und 2. dass er sich an herzlich wenig aus der besagten Situation erinnern kann außer an das irritierende Lachen der Cops als er den Raum verlässt. Was als Argument natürlich auch nicht fehlen durfte – der heilige Ort selbst, oh hohes Gericht, an dem sich ein harmloser Automatismus magisch in eine Formalbeleidigung verwandelt. Achso.

Das Urteil: 40 Tagessätze à 30€. Mittelfinger Nr. 2 ist mit 1200€ nicht nur teurer als Mittelfinger Nr. 1, sondern auch teurer als ursprünglich überhaupt angesetzt war. Wie war das mit der ‚gnadebringenden Weihnachtszeit‘? Vom Staatsanwalt wird der Angeklagte schließlich verabschiedet mit: “Kleiner Tipp, gewöhnen Sie sich ihren kleinen Automatismus besser ab.” – absurd, wenn doch gerade dieser “Tipp” impliziert, dass auch er nicht an die bewusste Handlung glaubt, für deren Bestrafung er soeben noch argumentiert hat.

Wir wünschen dem Genossen alles Gute für die Berufung und erfreulichere Feiertagsgeschenke als das hier – und, dass er sich den kleinen Automatismus bitte auf keinen Fall abgewöhnt!