Gemeinsamer Redebeitrag von den libertären Kommunist*innen Osnabrück (LIKOS) und No Lager auf der Demo „Osnabrück braucht SubstAnZ“ am 24.02.2024.
Hi, wir sind von No Lager und Likos und gehören zu den Gruppen, die sich im Substanz organisieren. Und das schon seit einer ganzen Weile. Für die Menschen, die uns noch nicht so gut kennen: No Lager, also wir und viele andere, ist ein lokaler, antirassistischer Zusammenschluss. Wir organisieren uns gemeinsam gegen die rassistische Gegenwart in Deutschland, Europa und darüber hinaus. Das heißt gegen Abschiebungen, Lagerunterbringungen, rassistische Gesetze wie die Dublin-Verordnung, gegen Ausgrenzung und Ausbeutung. Füreinander einstehend nutzen wir sichtbare und unsichtbare Protest- und Widerstandsformen. Wir gehen in unserer Arbeit von den Problemen aus, die wir im Alltag erleben. Diese Erfahrungen ordnen wir politisch ein und wehren uns dagegen.
Bei unseren Treffen kommen Menschen in ganz unterschiedlichen Situationen und mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammen. Jeden Donnerstag treffen wir uns dafür im Substanz. Manchmal geht es bereits nachmittags los, um vor dem großen Plenum noch die Demo / den Infostand / die Kampagne zu planen, Fähigkeiten auszutauschen oder neue Banner zu malen. Ab 18 Uhr laden wir wöchentlich zu unserem offenen Anti-Abschiebe-Café ein. Alle Menschen sind eingeladen, sich hier über Probleme auszutauschen, sich gegenseitig zu unterstützen, Strategien zu entwickeln, rechtlichen und emotionalen Support zu bekommen und Lösungen zu finden. Der andere Teil der Gruppe erfreut sich am formidablen, immer-frisch veganem Donnerstagsmenü, das unsere Freund:innen der Küfa-Gruppe gezaubert haben. [Jubel!] Um Punkt 19 Uhr [Zwinker] lassen wir uns dann im großen Plenumsraum auf die Sofas plumsen. Und dann wird pleniert. Wir sprechen über anstehende Veranstaltungen und Aktionen, tauschen uns aus über Aktuelles, streiten, diskutieren, werden bei der ganzen Scheiße die passiert, die verabschiedet, beschlossen, durchgedrückt und ignoriert wird, verdammt wütend auf Staat, Cops und Abschiebebehörden,fühlen uns manchmal ohnmächtig gegen diese, bauen uns wieder auf, trinken Tee und albern rum. Zum Ausklang des Abends gibts Bier oder Schorle unten in der Kneipe und wir räumen natürlich die Spülmaschine aus und ein.
Auch an all den anderen Tagen steht uns das Substanz offen: Wir treffen uns in diesen und jenen Gruppen nochmal, wir veranstalten oder besuchen Vorträge, Workshops oder feiern wilde Partys, um unsere Solikasse aufzufüllen (wahlweise mit oder ohne Karaoke). Ihr merkt – hoffentlich haben wir das glaubhaft rüberbracht – wir fühlen uns im SubstAnZ pudelwohl. Das soll so bleiben und wir möchten weiterhin Menschen in diesen Ort einladen. Wir wollen uns weiterhin gemeinsam hier organisieren, uns kennenlernen, gegenseitig helfen und vernetzen. Wir möchten weiterhin Politik von unten links in diesen Räumen machen. Wir wollen noch viele Partys, Veranstaltungen, Lesungen, Workshops, kurze und ganz lange Plena und Mahlzeiten hier erleben. Wir lassen uns unser SubstAnZ nicht wegnehmen! Wir wollen bleiben und wir werden bleiben!!! Und die Menschen von Likos sicherlich auch.
Hallo, wir sind die Libertären Kommunist*innen Osnabrück (Likos) und auch wir brauchen das SubstAnZ. Uns gibt es jetzt acht Jahre – man darf anzweifeln, dass es uns ohne das SubstAnZ so lange geben würde, denn ohne linke Räume lässt sich kaum eine linke Organisierung auf die Beine stellen. Unsere politische Arbeit ist sowohl Theorie wie Praxis und beides ist darauf angewiesen, dass es das SubstAnZ gibt.
Wir sind überzeugt, dass es wichtig für linke Politik ist, sich zu erklären, was man gesellschaftlich verändern und abschaffen will, warum die Gesellschaft so ist wie sie ist und wie eine andere Gesellschaft aussehen könnte. In unserem Fall meint das z.B. eine materialistische, anti-autoritäre Herangehensweise an Themen wie Rassismen, Sexismus und Antisemitismus. Wir möchten betonen, dass neben Praxis eben auch kontinuierliche Theoriearbeit kollektive Räume braucht. Ein Buch kann man zwar alleine lesen, aber sich den Inhalt gemeinsam zu erklären und zu diskutieren, sich beim Verstehen gegenseitig zu unterstützen, das geht nur zusammen.
Dagegen anzukämpfen, dass man seinen falschen Frieden mit den gesellschaftlichen Verhältnissen macht, ist deutlich angenehmer und durchdachter wenn Menschen dafür zusammenkommen anstatt in ihren politischen Filterblasen zu vereinzeln. Bildungsveranstaltungen in Form von Vorträgen, Workshops usw., die unbequeme Themen behandeln und Leute nicht per se ausschließen, sind gar nicht denkbar ohne Räume wie das SubstAnZ. Weder ein Online-Vortrag noch ein Vortrag in der Uni kann das ersetzen. Die Zeit der Corona-Pandemie hat das mehr als deutlich gemacht. Es geht bei politischen Vortragsveranstaltungen, bei Partys, bei Kneipen, bei eigentlich allem eben immer auch darum, dass wir als Linke zusammenkommen, streiten, uns gegenseitig ein Korrektiv sind.
Und für unsere Praxis? Natürlich brauchen wir dafür Räume. Ohne SubstAnZ kein Ort um Demonstrationen zu planen, kein Ort um Transparente zu malen, kein Lagerraum, kein Ort um Solidaritätsarbeit zu leisten, Flyer gemeinsam zu diskutieren usw. Oder um aktuelle konkrete Beispiele zu nennen: Wir sind gerade Teil der antifaschistischen Mitmach-Kampagne „Den Rechten die Räume nehmen“. Diese macht der AfD in Osnabrück seit über einem halben Jahr das Leben schwer. Sie haben ihren Ort verloren um sich zu treffen und kein Stand in der Innenstadt blieb ohne Gegenprotest. Zuletzt waren wir mit über 2000 Leuten am 27. Januar unter dem Motto „Alle zusammen gegen den Faschismus“ auf der Straße. So eine Kampagne ist nicht denkbar ohne das SubstAnZ. Das heißt ganz konkret antifaschistische Arbeit und der Kampf gegen die AfD werden in Osnabrück geschwächt, wenn es kein SubstAnZ gibt – und das in einer Zeit, in der es scheinbar auch bei den Letzten angekommen ist, dass der Rechtsruck in Deutschland ein Problem darstellt!
Gerade die außerparlamentarische Linke, ob No Lager, wir, die Klimabewegung oder Antifa-Kampagnen brauchen linke Räume! Wir brauchen sie als elementare Infrastruktur. Und wir werden sie uns nicht nehmen lassen. Gehen wir gemeinsam in den kommenden Monaten auf die Straße.
SubstAnZ bleibt!