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Solidarisch gegen Preiserhöhungen – Redebeitrag

Unser Redebeiterag auf der Kundgebung „Solidarisch gegen Preiserhöhungen“ am 17.09.2022:

„Lachende Händler, gigantische Gewinne. Auf der Mailänder Fachmesse Gastech treffen sich die Riesen der Energiebranche. Es herrscht Goldgräberstimmung“ schrieb der Spiegel am 09.09. So hat bspw. RWE seinen Gewinn im ersten Halbjahr 2022 verdoppelt. Und nicht nur die Energiebranche, auch viele andere Unternehmen fahren dieses Jahr Rekordgewinne ein – während wir uns überlegen müssen wie wir unsere Rechnungen bezahlen sollen, während wir uns vieles nicht mehr leisten können und einige von uns sich bald vielleicht zwischen heizen und essen entscheiden müssen.

Doch die Preise steigen nicht von selbst, sie werden erhöht. Selbstverständlich haben der russische Angriffskrieg und die Pandemie Einfluss auf die Preisentwicklung, aber vielmehr sind sie eigentlich (Krisen-)Beschleuniger. Denn der Kapitalismus ist immer krisenhaft. Dies lässt sich auch an der Inflationsentwicklung der letzten Jahre ablesen. Es ist der Zwang zur Gewinnsteigerung im Kapitalismus, der die Preise steigen lässt. Es sind die Unternehmen, die Gewinne aus unserer Not schlagen.

Die Reichen werden immer reicher und die Armen werden immer ärmer. Dies ist der Normalzustand im Kapitalismus. Weltweit ist es die Regel, dass Menschen, die bestimmte Güter nicht bezahlen können, von diesen Gütern ausgeschlossen werden.

Das alles ist gesellschaftlich gemacht. Inflation und explodierende Preise (und Wachstumszwang) sind also KEIN Naturgesetz, sondern politisch.

Und nun sollen wir also dafür zurückstecken, dass Unternehmen weiter Gewinne einfahren? Dieselben Unternehmen, die schon in den letzten zwei Jahren Pandemie Rekordgewinne gemacht haben.

Die Gewerkschaften sollen keine hohen Lohnforderungen stellen und wir sollen die Kosten tragen – denn nichts weiter ist die Konsequenz, wenn durch gestiegene Preise von Strom, Gas, Benzin und Lebensmitteln die Kosten an uns „weitergegeben“ werden – AUFGEZWUNGEN wäre wohl der bessere Ausdruck.

Für eine solche Politik braucht es in der Regel Ideologie – denn einfach so lässt das niemand mit sich machen. Also rufen die Herrschenden noch stärker als bisher nach dem nationalen „Wir“, nach der angeblichen nationalen Gemeinschaft. „Wer Energie spart, stärkt das Land“ sagt z.B. Robert Habeck, oder es gibt zynische Waschtipps von Winfried Kretschmann. „Jetzt ist Verzicht angesagt. – Es wird wohl noch eine warme Wolldecke vonnöten sein“ war der Spartipp des Millionärs Lars von Lackum, dem Chef der LEG Immobilien, dem zweitgrößten Wohnungskonzern (in Deutschland). Ja, mit einem Unternehmen, dass 2021 423 Millionen € Gewinn gemacht hat und einem persönlichen Jahresgehalt von 1,88 Millionen € wird er wohl nicht verzichten müssen.

Wer soll sparen? Wo soll gespart werden? Für die allermeisten Menschen in diesem Land würde „Ernergie sparen“ klamme Füße, dunkle Zimmer und kalte Duschen bedeuten! Tatsächlich zeigen alle Untersuchungen, dass es die oberen 10% (insbesondere das oberste 1%) und vor allem die großen Unternehmen sind, die auf unser aller Kosten Energie verprassen und Ressourcen verschwenden.

Die Beschwörung einer nationalen Schicksalsgemeinschaft, von Erwerbslosen und Arbeiter*innen auf der einen und Unternehmen auf der anderen Seite, ist dabei schon immer eine Lüge gewesen – ist schon immer nur nationalistische Ideologie. Man ist unweigerlich an das Gebrabbel von Solidarität zum Anfang der Pandemie erinnert.

Aber was haben bspw. ein*e Krankenpfleger*in und ein Unternehmenschef für gemeinsame Interessen? Was dürfen wir hier eigentlich mitbestimmen? Bestimmen wir mit, was wie produziert wird? Wann und wie wir arbeiten müssen? Wie knappe Ressourcen sinnvoll verteilt werden? Nein, das bestimmen wir in einer kapitalistischen Gesellschaft nicht mit.

Gerade weil wir ausgebeutet werden, weil diese Ausbeutung die Gewinne, die Profite und das Wachstum ermöglicht, ist die Ideologie der nationalen Gemeinschaft der notwendige gesellschaftliche Kitt.
Und in der Krise muss diese nationale Ideologie besonders mobilisiert werden, denn mit der Krise wird auch die soziale Ungleichheit deutlicher. Dabei ist es doch so: Immer dann, wenn Regierungen in das Horn des nationalen „Wir“ blasen, können wir uns auf weitere Einschnitte in das Sozialsystem einstellen.

Wir sagen: Mit den Herrschenden gibt es kein „Wir“! – Unsere Interessen sind nicht die der Unternehmen (und Shareholder)!

Das, was wir vom Kuchen bekommen wollen, müssen wir uns erkämpfen!

Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt auf die Straße gehen, uns jetzt zusammenzuschließen und jetzt solidarisch sind. Wir können uns nur durch Druck, durch Protest und Verweigerung dagegen wehren, dass die Kosten der Krise auf uns abgewälzt werden. Nur durch praktische Solidarität können wir uns gegenseitig unterstützen.

Dass Bewegung möglich ist, sieht man z.B. in Spanien. Dort haben massive soziale Proteste bewirkt, dass eine Übergewinnsteuer eingeführt wurde, dass der ÖPNV kostenlos wurde und dass eine Preisobergrenze für Gas eingeführt wurde.(Letzteres erfolgte auch in Großbritannien, dem Herkunftsland des Kapitalismus.)

Die bisher verabschiedeten Pakete der Bundesregierung sollen uns ruhig halten. Sie ähneln dem Schweigegeld für Pfleger*innen während der Pandemie. Dies zeigt aber nur, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist deutlich mehr zu verlangen und eigene Interessen durchzusetzen.

Die Erfahrung zeigt uns zudem, dass wir die soziale Frage nicht den Rechten überlassen dürfen. Praktischer Antifaschismus heißt immer auch linke Positionen sichtbar zu machen und der Deutung der Regierung sowie den Rechten zu widersprechen.

In mehreren Städten in Deutschland gibt es bereits Bündnisse gegen die Preiserhöhungen. Jetzt auch in Osnabrück! Schließt Euch an! Kommt zum nächsten Bündnistreffen. Vernetzt Euch!
Möglichkeiten gibt es viele: Kundgebungen organisieren, Flyer verteilen, Plakate kleben, Kolleg*innen aufklären, kostenlose Mahlzeiten ermöglichen, Zwangsräumungen verhindern usw. Schaffen können wir es nur gemeinsam.

In diesem Sinne: Diese Preise müssen runter!