Unser Redebeitrag auf der Demo „10 Jahre Rojava – Der Kampf geht weiter“:
Liebe Genoss*innen, Hallo Passant*innen, wir stehen heute hier und feiern 10 Jahre Rojava. 10 Jahre Autonomie! Und vor 4 Jahren wurde auch der Islamische Staat in den Untergrund gedrängt.
Wir wollen uns mit dem Kampf in Rojava solidarisieren und wollen diesen Kampf unterstützen. Im Kampf gegen den IS, war die Solidarität weltweit groß. Und heute wollen wir 10 Jahre Autonomie feiern!
Leider ist die Revolution in Rojava, trotz all ihrer Erfolge, immer noch bedroht und muss weiter verteidigt werden.
Das NATO-Mitglied Türkei hat vor wenigen Wochen einen neuen Angriffskrieg eröffnet, eine Invasion wird von den Genoss*innen vor Ort erwartet. Von der NATO wurde diese kriegerische Politik hingenommen und durchgewunken, ebenso von Russland. Mehr noch, die Türkei nahm ihr Veto gegen den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands erst zurück, nachdem diese versichert hatten die Kurd*innen in ihren Ländern zu kriminalisieren und kurdische Genoss*innen auszuliefern. Zwei der wenigen EU-Länder in denen die Repression gegen die Kurd*innen zuvor nicht so stark war.
Man sieht an diesen Mannövern offensichtlich, dass alle Menschenrechtsbekundungen heiße Luft sind. Oder anders, Sanktionen gegen Erdogan wegen seines völkerrechtswidrigen Krieges braucht man nicht zu erwarten. Die Türkei hat einen Freifahtsschein für ihren Angriffskrieg gegen die Kurd*innen. Zum einen hält sie der EU die Geflüchteten vom Hals, zum anderen sichert sie als NATO-Mitglied Einflussnahme im nahen Osten.
Aber der EU, der NATO und letzlich auch Russland ist Rojava als antikapitalistisches, basisdemokratisches Projekt auch ganz ohne Türkei ein Dorn im Auge.
Im Gegensatz zu der Zeit des Kampfes gegen den IS und im Vergleich zu anderen Völkerrechtswidrigen Kriegen die gar nicht so weit entfernt stattfinden, ist die weltweite Aufmerksamkeit und die Solidarität zum größten Teil verschwunden. Auch in Deutschland werden Kurd*innen verfolgt, inhaftiert und abgeschoben. Auch hier ist die kurdische Arbeiterpartei PKK immer noch verboten. Türkische Faschisten, wie die Grauen Wölfe spionieren Kurd*innen für die Türkei aus und greifen sie an. Zu Befürchten haben sie dabei von den deutschen Behörden nicht viel.
Doch wir wollen heute trotzdem feiern. Wir wollen die Erfolge Rojavas feiern. Und sie allen zeigen!
Mitten zwischen Islamismus, autoritären und faschistischen Staaten und kolonialer Vergangenheit gibt es seit 10 Jahren Rojava. Seit 10 Jahren ist es in dieser Umgebung möglich, eine demokratische, konföderale Lebensform zu erkämpfen und sie auszubauen. Aber was meinen wir eigentlich damit?
Gesellschaft wird durch eine Räte Struktur basisdemokakratisch organisiert. Alle Menschen sollen so ein Mitspracherecht bekommen. Egal ob Frauenrat, Kommunalrat oder Ökologierat die Menschen sollen an der Politik beteiligt werden. Sie sollen die Politik mitgestalten und mitentscheiden. In Deutschland könnte man sich nicht vorstellen, dass ein Volksbegehren wie in Berlin überhaupt umgesetzt wird. In Rojava ist das der Fall.
Auch bei Klima und Umwelt geht Rojava in die richtige Richtung. Grundlegend ist das Verständnis, dass die Ausbeutung der Natur direkt mit der Ausbeutung des Menschen zusammenhängt. Beide Formen dieser Ausbeutung gehören bekämpft! Denn diese Ausbeutung hat die Menschheit und unseren Planeten dahin geführt, wo wir heute sind. Der Anspruch ist aber nicht, Naturschutz zu betreiben oder das zu schützen, was noch übrig geblieben ist. Nein, es soll ein anderes Verhältnis von Mensch zur Natur hergestellt werden. Ein Verhältnis, in dem Leben für Menschen, Tiere und Pflanzen möglich ist, ohne Ausbeutung und Zerstörung.
Grundlegend ist die Befreiung der Frau. Eine Grundforderung in Rojava. Alle Stellen des öffentlichen Lebens werden sowohl von Frauen als auch von Männern besetzt. Davon können wir in Deutschland nur träumen. Doch nicht nur das.
Frauenräte, in denen Frauen selber über ihre Belange entscheiden. Ein Forschungszentrum, dass aktiv Wissen sammelt, das vom Patriarchat unterdrückt wurde und wird. Frauen, die sich für die Selbstverteidigung organisieren, von Islamisten gefürchtet.
Frauen sind in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens aktiv, ob Verteidigungseinheiten, Verwaltung, Wissenschaft oder Kultur.
Biji Berxwedana YPJ!
All diese Erfolge, die in 10 Jahren Revolution in Rojava Erkämpft und umgesetzt wurden und werden, sollten eigentlich kein Thema sein, was an den meisten Menschen vorbei geht. Wir fragen uns wo sind die Grünen, besonders Baerbock mit ihrer feministischen Außenpolitik? Wo die Liberalen und wo die SPD? Die immer von „unseren demokratischen Werten faseln“, vielleicht gerade beim Tee mit dem türkischen Außenminister? Wenn diese Forderungen Wirklichkeit werden, so wie in Rojava, ist Ihnen das anscheinend egal.
Von den Parteien kann man nichts erwarten aber wir müssen zu ihren Anhänger*innen durchdringen. Wir müssen erreichen, dass sie sich wie wir:
Mit Rojava solidarisieren. Gegen Faschismus, gegen Zerstörung der Umwelt, gegen Ausbeutung und Elend von Menschen, für die Befreiung der Frauen. Alles Themen, die hier diskutiert werden. Lasst uns die Erfolge in Rojava als ein Beispiel nehmen. Als ein Beispiel, dass die Träume die wir haben Wirklichkeit werden können. Als eine gelebte Utopie. Für Rojava! Für Kurdistan!