Unser Flyer zum Klimatreik am 19.03.2021:
Atomkraft hilft dem Klima auch nicht!
Gegen die Zerstörung von Mensch und Natur. Für eine Klimabewegung, die dazwischengeht!
Veranlasst durch die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat Angela Merkel 2011 den sogenannten „Atomausstieg“ ausgehandelt. Das könnte zu der Annahme verleiten, das Thema Atomkraft sei erledigt.
Unter dem Stichwort „Grüner Kapitalismus“ werden aber stattdessen neue wirkmächtige Erzählungen in Umlauf gebracht. In einer Zeit, in der die junge Generation gemeinsam mit der Wissenschaft den Klimakollaps zum Thema gemacht hat, gibt es Stimmen, die behaupten, Atomstrom sei der Ausweg.
Märchenstunde der Atomlobby
Zum „Atommüllfresser“ erklärt wird der Schnelle Brüter BN-800, den Russland aktuell mit Mischoxid-Brennelementen (MOX) aus Uran und Plutonium belädt. Aber den hochradioaktiven, jahrtausendelang strahlenden Ausschuss aus den AKWs frisst auch der BN-800 nicht. Dafür übertrifft er als Bedrohung alle anderen Reaktortypen: Plutonium als Brennstoff erhöht die Gefahr eines schnellen, unkontrollierbaren Leistungsanstiegs im Kern, der zur Zerstörung des Reaktors führen kann. Das als Kühlflüssigkeit eingesetzte Natrium entzündet sich bei Kontakt mit Luft und bildet in Verbindung mit Wasser explosiven Wasserstoff.
Auch andere gepriesene „Atommüllfresser“ und „Wunderreaktoren“ sind Konzepte mit ungelösten technischen Problemen aus der Mottenkiste des vorigen Jahrhunderts. Politisch Verantwortliche in Bund und Ländern behindern seit Jahrzehnten die Energiewende durch Solardeckel, Ausbaustopp u. ä.
Atomkraft verhindert Klimaschutz in der EU
Jeder Euro für Atomanlagen fehlt für den Klimaschutz. Mit grenzenloser Dreistigkeit wird in Gremien der EU dafür geworben, Atomstrom mit einem Öko-Label zu versehen. Besonders Frankreich erhofft sich vom EU Atom-Greenwashing Vorteile. Laufende Nuklearforschung, als Klimaschutz-Maßnahme getarnt, soll der Atomindustrie Zugriff auf Gelder in Nachhaltigkeitsfonds und das vereinbarte Klimaschutz-Budget verschaffen. Milliardenbeträge verschwinden in Atomforschung über den EURATOM-Vertrag, ein Uralt-Abkommen zur Förderung der Atomenergie. Durch ihn sind auch EU-Staaten, die nie Atomkraftwerke betrieben haben oder bereits ausgestiegen sind, geknebelt.
Atomstrom ist die teuerste Energie überhaupt!
Atomkraft ist ein Verlustgeschäft das untragbare Haftungsrisiken und nicht bezifferbare Folgekosten beinhaltet. Aus kapitalistischer Sicht war Atomkraft nie rentabel. Nur staatliche Subventionen, die gewissenlose Politiker*innen dafür bewilligten, konnten daraus ein Geschäft machen. Die Geschichte vom „billigen Atomstrom“ ist eine alte Lüge. Gerade wurde von der CDU/SPD Regierung ein Vertrag mit der Atomindustrie für entgangene Einnahmen durch den Ausstieg geschlossen. 2,4 Mrd €, werden den AKW-Betreiber*innen in den Rachen geworfen. (Vattenfall 1,425 Mrd.; RWE, 800 Mill., EnBW 80 Mill., E.ON/Preussen Elektra 42,5 Mill.)
Politiker*innen riskieren, wie Tschernobyl gezeigt hat, humanitäre Katastrophen, mit Kosten in Billionenhöhe. Das hat die Prognos AG vor 25 Jahren in einer Studie für das Bundeswirtschaftsministerium errechnet.
Uran ist, genau wie Öl, begrenzt
Der weltweite Uran-Vorrat geht seit Ende der 80er Jahre zur Neige. Die Atomindustrie füllt die Lücke noch mit Material aus militärischen und zivilen Lagerbeständen. Statt durch Abbau soll Uran mit In-situ-Verfahren gewonnen werden, bei denen chemische Substanzen ins Grundwasse gepumpt werden um es auszuschwemmen, eine weitere ökologische Zumutung.
Der Brennstoff Thorium, in der Erdkruste häufiger als Uran vorhanden, wird als harmlose Alternative angepriesen. Thorium würde den teuren und zeitintensiven Bau neuer Reaktortypen erforderen. Aus Thorium lässt sich waffenfähiges Uran-233 zum Atombombenbau erzeugen.
Atomkraft ist nicht klimaneutral
Atomkraftwerke verursachen mehr CO2-Emissionen pro Kilowattstunde als jede andere Form der Energiegewinnung. Atomkraft erzeugt umso höhere Treibhausgas-Emissionen, je höher der Aufwand für den Bau und die Uran-Gewinnung wird.
Atomkraft ist umweltschädlich
Von „sauber“ kann keine Rede sein. Jedes Glied in der atomaren Produktionskette verursacht massive und irreversible Schäden. Der Uranabbau findet vor allem in indigenen Gebieten Nordamerikas und Australiens, in Namibia und Kasachstan statt. Dabei entstehen radioaktive Stäube und Schlämme, die breite Landstriche und Gewässer verseuchen. Wo die Atomindustrie Uran ausbeutet, lässt sie dauerhaft verstrahlte Gebiete und kranke Menschen zurück. Radioaktivität wird auf dem ganzen Produktionsweg an die Umwelt abgegeben, Gewässer und Böden langfristig verseucht. Obwohl Statistiken eine deutliche Sprache sprechen bestreitet die Atomindustrie die radioaktive Belastung für die Bevölkerung seit jeher. Die vom Bundesamt für Strahlenschutz erstellte Kinderkrebsstudie (KiKK-Studie) von 2007, ergab, dass im Umkreis von 20 Kilometer um ein Atomkraftwerk Kinder häufiger an Leukämie erkranken. AKW-Mitarbeiter*innen leben mit einem höheren Krebsrisiko. Alle Studien blieben jedoch folgenlos. Es geht um Spätschäden, bei denen sich der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung für den Einzelfall nur schwer belegen läßt.
Atomkraft ist weder effizient noch anpassungsfähig
Atomkraftwerke speisen nur ca ein Drittel der erzeugten Energie ins Stromnetz ein. Der Rest richtet als Abwärme Schäden an, weil sie gerne „kostenlos“ über natürliche Gewässer entsorgt wird. Große Mengen Frischwasser wird aus Flüssen und Meeren entnommen und als AKW-Kühl-Abwasser mit Temperaturen bis zu 33 Grad Celsius zurückgespült. Dieses aufheizen entzieht dem Wasser Sauerstoff. Werden Grenzwerte der Gewässertemperatur überschritten, kippt der Fluss und es kommt zum Fischsterben. Frankreich muss im Sommer regelmäßig Strom zukaufen, weil AKWs wegen aufgeheizter Flüsse stillstehen. Genauso bei hohem Strombedarf durch Klimaanlagen. Auch in Deutschland müssen Atomkraftwerke mitunter wegen der Flusserwärmung im Sommer gedrosselt oder abgeschaltet werden. Durch den Klimawandel sind mehr und längere Hitzeperioden absehbar. Mit steigendem Meeresspiegel erhöht sich die Gefahr, dass küstennahe AKW wie in Fukushima mitsamt dem vor Ort gelagerten Atommüll überspült werden. Das Risiko steigt mit den sich verändernden klimatischen Bedingungen.
Atomkraft ist lebensgefährlich
Wenn die Vorgänge im Reaktor außer Kontrolle geraten, werden radioaktive Stoffe freigesetzt. In einem dichtbesiedelten Land, gefährdet dies das Leben vieler Millionen Menschen und macht großflächige Gebiete mit einem Schlag unbewohnbar. Es drohen verseuchte Böden und Gewässer, vernichtete Ernten, kontaminierte Nahrungsmittel, zerstörte Existenzen, Krankheit und Tod. Folgen, die sich über hunderte Kilometer und viele Generationen hinweg auswirken. Der Fallout von Tschernobyl im April 1986 ist nach wie vor messbar – auch hier, auch in Lebensmitteln, wie Pilzen oder Nüssen. Die Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima sind noch immer Realität. Politische Reaktion? Grenzwerte radioaktiver Belastung von Nahrungsmitteln, wurden nach Tschernobyl deutlich erhöht – sprich die Belastung wurde heruntergerechnet. Neben den großen Nuklearkatastrophen gehören schwere Atomunfälle, mit verseuchter Umgebung, fast zum Alltag. Bekannte Beispiele, aber keine Einzelfälle, sind Majak in Russland, Sellafield in Großbritannien oder Harrisburg in den USA.
Atomkraft ist ein Kriegslieferant
Fast alle Staaten, die AKW bauen oder betreiben, haben oder hatten nachweislich Pläne zur militärischen Nutzung der Nukleartechnologie. Derzeit betreiben 31 Staaten Atomkraftwerke und haben so direkten Zugang zu atomwaffenfähigem Material.
Atommüll gefährdet kommende Generationen
Es gibt weltweit noch kein einziges sicheres Lager, oder sichere Lagerungsmethode für hochradioaktiven Atommüll. Die heute politisch Verantwortlichen ziehen nicht die Atomindustrie für die Sicherung der von diesen erzeugten radioaktiven Abfälle heran. Weil es um unvorstellbar lange Zeiträume geht, läßt sich nicht ausschließen, dass eingelagertes radioaktives Material das Leben kommender Generationen bedroht, weil das Wissen um die Gefahr, oder die Orte wo der Müll verscharrt wurde, möglicherweise verloren gegangen ist (oder verheimlicht wurde). Jedes Gramm Atommüll ist ein Verbrechen an nachfolgenden Generationen.
Wer war mit dabei? Die grüne Partei!
„Dank der SPD und den Grünen durften manche Atomkraftwerke länger laufen als je geplant, und es blieb ein Hintertürchen, das die CDU/FDP-Regierung nutzte, um ihrerseits die bereits von Rot-Grün verlängerte Laufzeit noch einmal am 6.9.2010 zu verlängern und unter Ausschluss der Öffentlichkeit einen Vertrag mit E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW zu schliessen, dem der Bundestag im Oktober zustimmte.“ So Jutta Ditfurth, Mitgründerin der Grünen und seit 1991 aus der Partei ausgetreten. Die Grünen, die sich ja so gerne als in der Tradition der Anti-AKW-Bewegung stehend präsentieren, garantierten mit dem Atomkonsens 2000 den Konzernen einen ungestörten Weiterbetrieb der AKWs bis 2030. Nach der Katastrophe von Fukushima wurde dies dann von der CDU/FDP-Regierung auf 2022 vorgezogen. Das Abschalten der AKWs alleine bedeutet jedoch noch keinen Atomausstieg. Nach wie vor wird in Deutschland Uran angereichert und werden Brennelemente für AKWs in ganz Europa produziert. Die Transporte laufen auch – von der Öffentlichkeit unbeachtet – über den Osnabrücker Bahnhof.
Nach den anstehenden Bundestagswahlen ist eine CDU-Grüne Koalition zu erwarten. Die Grünen waren von 1998-2005 zweimal Teil einer Bundesregierung, u.a. waren Claudia Roth und Jürgen Trittin schon damals mit dabei. Was sie mit anrichteten war desaströs: Der Weg führte statt in eine „demokratische Revolution“ in den ersten Krieg Deutschlands nach der Befreiung vom NS-Faschismus. Die „Revolution“ bestand in der Zerschmetterung des Sozialstaats und begründete die Verelendung vieler Menschen bis heute. Den „Neubeginn“, gab es in Gestalt von Steuersenkungen für das Kapital, Gutverdienende und Reiche. An „zündenden Ideen“ fehlte es Rot-Grün nicht. Sie warfen Bomben auf Jugoslawien und bauten Abschiebeknäste auch für Kinder. „Frei fließen“ durften Kapital, Rüstungsexporte und Atomenergie. 2003 hatten die SPD und die Grünen, mit jeweils überwältigender Parteitagsmehrheit von rund 80 bzw. 90 Prozent, die Demontage des Sozialstaats, die Agenda 2010/Hartz IV beschlossen. Das Asylrecht wurde faktisch abgeschafft, der Weg in den Polizeistaat asphaltiert, Renten gekürzt, der Zugang für Arbeiter- und Migrant*innenkinder zu den Hochschulen verengt.
Auch aktuell gibt es viele Beispiele die zeigen, dass die Grünen in einer Regierung stets dem Kapitalinteresse folgen und sowohl die ökologische als auch die soziale Frage dem untergeordnet wird (Beispiel: Dannenröder Wald). Für uns heißt das: Wir können uns nicht auf die Grünen verlassen, sondern müssen in Bewegung bleiben!
Was die Anti AKW-Bewegung geschafft hat, müssen wir wiederholen: Eine Bewegung kann, wenn sie das meiste richtig macht und die historischen Umstände günstig sind, Erfolg haben. Und das ohne Politiker*innen, Regierungsbeteiligung und Staatsgelder, nur aus eigener Kraft. Genau das wird von der Politik totgeschwiegen.
Die Anti-AKW-Bewegung der 70er Jahre verhinderte nicht nur den Bau vieler Atomkraftwerke. Sie veränderte die Einstellung einer gesellschaftlichen Mehrheit – bis heute. Davon können wir viel lernen und daran müssen wir anknüpfen! Die Klimabewegung darf sich nicht von Parteien – insbesondere den Grünen – vereinnahmen lassen und muss als unabhängige Bewegung Druck auf diese ausüben. Nur so können wir unsere Ziele erreichen und die Zerstörung von Mensch und Natur stoppen.
„Die ökosozialistische Bewegung hat das Ziel, im Besonderen den desaströsen Prozess der globalen Erwärmung zu stoppen und umzukehren, und im Allgemeinen eine radikale und praktikable Alternative zum kapitalistischen System aufzubauen.“
(aus: ökosozialistische Erklärung von Belem)
Quellen: Jutta Ditfurth „Die Grünen“, Berlin 2011;. „ Irrweg in der Klimakrise“ Hrg. ausgestrahlt – HH 2020: Angela Wolff u. a.