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150 Jahre Pariser Kommune

Vor 150 Jahren, am 18. März 1871, erhoben sich die Arbeiter*innen von Paris gegen den Versuch ihrer Entwaffnung durch die monarchistisch-bourgeoise französische Regierung, um in der Form der Pariser Kommune endlich ihre Selbstbestimmung zu erlangen.

„Als die Pariser Kommune die Leitung der Revolution in ihre eigne Hand nahm; als einfache Arbeiter zum ersten Mal es wagten, das Regierungsprivilegium […] der Besitzenden anzutasten, […] da wand sich die alte Welt in Wutkrämpfen beim Anblick der roten Fahne, die, das Symbol der Republik der Arbeit, über dem Stadthaus wehte.“ [1]

Aus diesen Wutkrämpfen heraus wurde die proletarische Kommune durch die Kollaboration der reaktionären französischen und deutschen Regierungen (die sich kurz zuvor noch im Krieg gegeneinander befanden) mit bis dahin kaum gesehener Grausamkeit bekämpft und schließlich niedergeschlagen, tausende Kommunard*innen wurden auch nach ihrer Kapitulation am 28. Mai 1871 ermordet.

In den zwei Monaten ihrer Existenz war die Kommune dabei nach Marx „wesentlich eine Regierung der Arbeiterklasse, das Resultat des Kampfs der hervorbringenden gegen die aneignende Klasse, die endlich entdeckte politische Form, unter der die ökonomische Befreiung der Arbeit sich vollziehen konnte.“ Eine politische Form, die nicht einfach den bestehenden und in weiten Teilen verselbstständigten Staats-, Gewalt- und Unterdrückungsapparat übernommen hat, im Gegenteil sein Instrument, die Guillotine, verbrennt, sondern sich aus der Gesellschaft heraus konstituiert und ihr verbunden bleibt. Durch die Wählbarkeit aller öffentlichen Ämter und die jederzeitige Möglichkeit, gewählte Personen wieder abzusetzen, durch die Bindung Abgeordneter und Delegierter an die Weisungen derer, die sie wählen, sowie durch den Ersatz einer stehenden, professionellen Armee durch die allgemeine Bewaffnung und Wehrhaftigkeit der Arbeiter*innen.

Ausdruck fand der proletarische Charakter der Kommune auch in den übrigen durchgesetzten Reformen. Fabriken, Manufakturen und sonstige Produktionsstätten wurden zu einem großen Teil enteignet und unter die Kontrolle der dort tätigen Arbeiter*innen gestellt, die Zusammenfassung zu einer großen Assoziation war geplant. Wohnungsmieten wurden erlassen. Schulen wurden allen Menschen kostenlos zugänglich gemacht. Die Trennung von Kirche und öffentlicher Verwaltung wurde vollzogen, Kirchen und kirchliches Eigentum enteignet.

Frauen organisierten sich in Stadtteilen, Frauenvereinigungen und Massenorganisationen. Sie organisierten Arbeit und Reproduktionsarbeit kollektiv und gleichberechtigt, sie stellten Strukturen für die Verteidigung der Kommune und kämpften selber auf den Barrikaden. Damit brachen sie das Idealbild der patriarchalen Familie auf.

Dennoch bestanden patriarchale Strukturen auch in der Kommune fort. Beeinflusst von Proudhon fanden sich in Paris auch unter den Arbeitern viele Anhänger der patriarchal verfassten Gesellschaft. So durften Frauen nicht an den Wahlen zur Kommune teilnehmen, auch gewählt wurden ausschließlich Männer.

Darüber hinaus beging die Kommune den Fehler darauf zu vertrauen, dass eine, überdies noch reaktionäre, Regierung Frieden mit einem kommunistischen Paris schließen würde. Aus dieser falschen Hoffnung heraus blieb die Kommune in der Defensive. Sie ließ die Banque de France mitsamt des von ihr gehaltenen Vermögens unangetastet, enteignete sie nicht, nutzte sie nicht wenigstens als Druckmittel gegen die Regierung. Auch verschaffte die defensive Haltung der Kommune durch ihr Zögern, die Regierung in Versailles anzugreifen, der Konterrevolution Zeit und Mittel, sich mit deutscher Unterstützung neu zu organisieren und die Niederschlagung der Kommune vorzubereiten.

Dabei war der Horizont der Kommune nicht alleine auf Paris begrenzt. Sie plante für eine Neuorganisation Frankreichs als Assoziation von Kommunen. Sie deklarierte, dass die Fahne der Pariser Kommune die der Weltrepublik sei.

Und diesen Anspruch, die rote Fahne der Pariser Kommune zu der der Weltrepublik zu machen, zu der Fahne der Assoziation der Menschen, die tagtäglich den Reichtum dieser Welt produzieren und denen die kapitalistischen Verhältnisse das Leben zur Hölle machen, gilt es nach wie vor zu stellen und auf seine Verwirklichung hinzuarbeiten.

Dies wird sich nicht durch Wahlen erreichen lassen. Auch bei den in diesem Jahr anstehenden Wahlen in der BRD werden verschiedenfarbig um den deutschen Standort und die hiesige Kapitalakkumulation besorgte Parteien zu erklären versuchen, warum die autoritäre Formierung in Grün schöner anzuschauen ist als in Schwarz, und dass absehbare Einschnitte in die Sozialsysteme mit der damit stillschweigend einhergehenden weiteren Abwälzung der unbezahlten Reproduktionsarbeit auf Frauen in Rot besser schmecken als in Gelb.

Die grundsätzliche Ausrichtung des menschlichen und gesellschaftlichen Lebens auf die Profitabilität der Ausbeutung von Menschen, auf die Friedhofsruhe und -ordnung in einer falschen Nation und an ihren Grenzzäunen wird nicht in Frage gestellt. Zur Debatte steht im Wesentlichen der Aufwand, der zur Beschönigung dieser Zustände betrieben werden soll, wie viel Gefasel von Humanität als nötig erachtet wird, diese zutiefst inhumane Gesellschaft als erträglich erscheinen zu lassen.

Dem gilt es eine freie Assoziation entgegenzusetzen, die dem „Aberglaube[n] an den Staat“ [2], der Vorstellung, dass Gesellschaft einzig durch den Staat und seine Gewaltapparate zu organisieren sei, eine grundsätzliche Absage erteilt, sondern im Gegensatz dazu die tatsächliche Bestimmung der Menschen über sich selbst konstituiert.
Diese freie Assoziation, der Kommunismus, steht nicht zur Wahl. Er muss selbst organisiert, erarbeitet und letztendlich erkämpft werden. Dafür lassen sich aus der Geschichte der Pariser Kommune, aus ihren Errungenschaften und Fehlern, wichtige Lehren ziehen.

„Das Paris der Arbeiter, mit seiner Kommune, wird ewig gefeiert werden als der ruhmvolle Vorbote einer neuen Gesellschaft.“

Vive la commune!

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[1] Alle Zitate (wenn nicht anders angegeben) aus Karl Marx: „Der Bürgerkrieg in Frankreich.“
[2] Friedrich Engels: „Einleitung zu: Der Bürgerkrieg in Frankreich.“