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Fight for Future!

Unser Redebeitrag auf der Fridays for Future-Demo am 29.11.2019

An vielen Orten streiken freitags Menschen und gehen auf die Straße, um gegen die aktuelle Klimapolitik zu protestieren. Das ist absolut notwendig, denn der gegenwärtige Zustand zerstört nicht nur das Klima, sondern betreibt Raubbau am Menschen und der Natur insgesamt. Klimaerwärmung, Abholzung von Wäldern, Verschmutzung von Wasser und Luft, Verwüstung von Lebensraum usw. sind Begleiterscheinungen dieser Verhältnisse.

Doch langsam macht sich Ernüchterung unter den Protestierenden breit. Da können an einem Freitag in Deutschland weit über eine Millionen Menschen auf die Straße gehen und heraus kommt eine Lachnummer von Klimapaket.

Offen bleibt, warum so rücksichtlos mit dem Planeten umgegangen wird. Politiker*innen – die AfD einmal ausgenommen – fehlt es doch nicht an der Erkenntnis, dass der gerade vollzogene Weg in den ökologischen Ruin führt. Sitzen dann einfach die falschen Leute auf den Entscheidungsposten?

Wohl kaum! Es wäre doch ein sehr ungewöhnlicher Zufall, wenn in den letzten 50 Jahren überall auf der Welt immer nur die falschen Menschen an den politischen Schaltknüppeln gesessen hätten, denen die Rettung des Planeten gleichgültig gewesen wäre. Wenn es also nicht an Einsicht mangelt und es auch nicht Bewegungen fehlt, die sich für einen besseren Umgang mit Natur stark machen, woran liegt es dann?

Politiker*innen müssen unter den gegenwärtigen kapitalistischen Verhältnissen immer marktkonforme Entscheidungen treffen. Nämlich, ob wünschenswerte ökologische Ziele überhaupt mit wirtschaftlichen Interessen vereinbar sind. Sie müssen also bei dem Erlassen von Gesetzen immer im Hinterkopf behalten, Regelungen so zu gestaltet, dass es für Unternehmen weiterhin lohnend ist, im eigenen Land zu bleiben. Sind die Produktionsbedingungen durch z.B. zu hohe Umweltauflagen zu teuer, wandern Unternehmen in andere Länder ab. Dieser Zwang – und nicht etwa Unwissenheit, Gleichgültigkeit oder Bestechung – sorgt automatisch dafür, dass Umweltaspekte nur dann realisierbar sind, wenn diese den wirtschaftlichen Erfolg einer Nation nicht gefährden. Natürlich gibt es in den Reihen der Politiker*innen auch äußerst ekelhafte Gestalten, doch auch noch so nette und noch so grüne Entscheidungsträger*innen, würden diesen Zwängen unterliegen.

Das soll nicht heißen, dass Bewegungen nicht einzelne Erfolge wie z.B. der Atomausstieg erkämpfen können, aber am grundsätzlichen Zweck der Produktion ändert dies gar nichts. Dieser Zweck lautet: Maximaler Gewinn! Unternehmen unterliegen dem rastlosen Zwang des Immer-noch-mehr-Gewinnens. Das hört sich vielleicht absurd an, doch geht es hier nicht um eine individuelle Verrücktheit. Die einzelnen Unternehmen werden zum permanenten Wachstum durch die Konkurrenz zu anderen Unternehmen gezwungen: Wird nicht maximaler Gewinn realisiert, wird nicht die Produktionstechnik ständig modernisiert, droht das eigene Unternehmen von Konkurrenten, die billiger produzieren oder bessere Produkte herstellen, überrollt zu werden. Will sich ein einzelnes Unternehmen dem ständigen Gewinnstreben und Innovationszwang entziehen, droht ihm der Bankrott. Alle Unternehmen sind deshalb gezwungen mitzumachen, ob sie wollen oder nicht.

Maximaler Gewinn bedeutet zwangsläufig maximale Ausbeutung von Natur und auch Menschen. Denn je weniger Auflagen in Sachen Umwelt- und Arbeitsschutz, desto billiger die Produktion. Und weil Staaten für Unternehmen möglichst günstige Gewinnaussichten bereitstellen müssen, wenn sie nicht das Abwandern und damit fehlende Steuereinnahmen und Arbeitslosigkeit riskieren wollen, findet ein Unterbietungswettbewerb der Staaten untereinander statt. Getreu dem Motto: Liebe Unternehmen, kommt doch bitte in unser Land und beutet hier Menschen und Natur aus. Wir senken dafür auch unsere Umwelt-, Arbeitsschutz- und Sozialstandards.

Unter diesen Verhältnissen gibt es nur eine Sache, die noch beschissener ist als ausgebeutet zu werden, nämlich nicht ausgebeutet werden – sprich arbeitslos zu sein. Die katastrophalen Folgen dieser Nötigungen können sowohl in Deutschland und als auch an den „Werkbänken“ dieser Welt in den Regionen der ärmsten der Armen begutachten werden.

Nur weil der Zweck der Produktion Gewinnmaximierung und nicht Bedürfnisbefriedigung ist, wiegen Argumente wie: „Das kostet Arbeitsplätze! Das lohnt sich nicht! Wer soll das bezahlen?“ schwer. Und es ist daher auch verständlich, dass Menschen unter diesen Bedingungen Angst haben, wenn etwa der Kohleabbau unterbleiben soll oder die konventionelle Automobilität in Frage gestellt wird. Und zahlreiche Akteure, insbesondere die AfD versucht sich diese Ängste zu Nutze zu machen, um den Klimawandel zu leugnen und rassistische Vorurteile zu schüren.

Aber wie könnte es denn anders gehen?
Stellt euch einmal vor wie es wäre, wenn alle Dinge so hergestellt würden, dass sie möglichst lange halten. Was würde das für Ressourcen und Müll einsparen? Was würde das für Arbeit sparen? Was würde es an Zeit sparen, weil man nicht immer wieder Neues produzieren müsste?

Im Kapitalismus ist es aber nicht sinnvoll, dass Dinge lange halten. Denn was lange hält, bringt kein Geld. Im Kapitalismus ist es nicht sinnvoll, wenn weniger gearbeitet werden muss, weil im Kapitalismus nicht alle weniger arbeiten würden, sondern einige einfach arbeitslos wären. Im Kapitalismus geht es auch nicht darum Freizeit zu maximieren.

Niemand würde doch von sich auf die dämliche Idee kommen, ein Großteil seiner wachen Zeit am Tag für die Produktion von Dingen aufzubringen, die nicht lange halten und den Rest der Zeit damit verbringen, diese Dinge zu kaufen. Aber so ist das im Kapitalismus.

Unter anderen, vernünftigen Produktions- und Gesellschaftsbedingungen würden wir uns stattdessen gemeinsam zusammensetzen können und miteinander entscheiden, was wir zu welchen Bedingungen produzieren wollen, welche Rücksicht dabei auf Natur, Umwelt und Mensch zu nehmen ist, wie viel wir arbeiten und wie viel wir konsumieren wollen und wie wir ein angenehmes Leben mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit verbinden können.

Dieser Aushandlungsprozess wird gegenwärtig jedoch vom Zwang zum permanenten Gewinnstreben untergraben, dem sich niemand – keine Einzelperson, kein Unternehmen, kein*e Politiker*in, kein Staat – entziehen kann. Daher greift auch eine Kritik zu kurz, die auf das „maßlose Gewinnstreben“ einzelner, nicht aber auf das System als Ganzes abzielt. Die Menschen sind zum ohnmächtigen Spielball der Verhältnisse erniedrigt. Die Verhältnisse beherrschen den Menschen.

Gleichzeitig – und das MUSS man zahlreichen politischen Akteur*innen vorwerfen – werden die gegenwärtigen Verhältnisse als alternativlos bezeichnet, mit denen pragmatisch zu verfahren sei und wichtige politische Ziele wie z.B. ein schonender Umgang mit der Umwelt als „unrealistisch“ oder „Träumerei“ abgetan werden. Als wäre ein kapitalistisches wachstumbasierendes Wirtschaftssystem naturnotwendig und unausweichlich. Aus dieser Überzeugung heraus sagt Angela Merkel bei der Verabschiedung des Klimapaketes, das was (Zitat) „Politik von Wissenschaft und auch von ungeduldigen jungen Menschen [unterscheidet]: Politik ist das was möglich ist.“ Der Satz müsste aber genauer heißen, Politik ist gegenwärtig das, was unter kapitalistischen Bedingungen möglich ist.

Wie eine nachhaltige, eine gerechte, eine angenehme Welt für alle im Kapitalismus aussehen soll, darauf hat sie und auch kein anderer eine Antwort. Unsere Aufgabe muss es daher sein ein wirtschaftliches System, eine Gesellschaft zu entwickelt, die nachhaltig und emanzipatorisch mit Mensch und Natur verfährt, sonst sehen wir für die Zukunft Braun. Braune Wälder, braune Flüsse, braune Parteien.

Echte, emanzipatorische Zukunftspolitik ist also nur möglich, wenn wir uns vom gegenwärtigen System und seinen Zwängen befreien. Das wird niemand für uns tun. Das müssen wir schon selbst machen.

Fight Capitalism – Fight for Future! Not only on Fridays!