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Zusammen streiken gegen Patriarchat und Kapitalismus!

Redebeitrag im Rahmen des Frauenstreiks in Osnabrück
am 08. März 2019

Hallo liebe Genoss*innen, hallo liebe Passant*innen,
dieses Jahr schließen sich in der Bundesrepublik in vielen Städten Frauen zusammen mit dem gemeinsamen Ziel einen Frauenstreik zu organisieren. Es soll also einen Schritt weiter gegangen werden, nicht mehr bloß appelliert oder demonstriert, sondern gestreikt werden. Auch hier in Osnabrück. Dabei ist diese Praxis nicht neu, sondern gehört seit Jahrzehnten zum Repertoire feministischer Kämpfe. So beteiligten sich vergangenes Jahr zum 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, in Spanien über fünf Millionen Menschen an einem feministischen Generalstreik. Viele Busse und Bahnen fielen aus, viele Schulen blieben geschlossen, Zufahrtswege wurden blockiert, und vor allem der Haushalt, die Sorgearbeit wurde bestreikt. Auch hierzulande gab es 1994 einen bundesweiten Frauenstreik gegen das reaktionäre Abtreibungsverbot und für mehr Gleichberechtigung, an dem sich eine Millionen Frauen beteiligten. Diese Kämpfe sind aus dem Geschichtsbewusstsein gestrichen, umso wichtiger sie wiederzubeleben und dort anzusetzen wo es wehtut: Der Arbeitsverweigerung. Die Gründe für einen Frauenstreik sind so klar, wie sie stets vehement geleugnet werden: Frauen erhalten durchschnittlich 21% weniger Lohn als männliche Arbeiter, nur ca. 4% der Chefetagen bestehen aus Frauen. In den schlecht bezahlten und durch prekäre Arbeitsverhältnisse gekennzeichneten Berufe sind Frauen hingegen überdurchschnittlich oft vertreten. Zusätzlich sind viele typische Frauenberufe, wie Pflegerin, Erzieherin oder auch Kassiererin gering geschätzt, wodurch die geringe Bezahlung ideologisch gerechtfertigt wird. Neben der beschissenen Situation in der Lohnarbeit ist es nach wie vor so, dass Frauen zu 79% den größten Teil der Hausarbeit erledigen müssen. Ob Wäsche waschen, am Wickeltisch stehen, ältere Angehörige pflegen, putzen, den Frust des Mannes auffangen und vor allem diese ganze Hausarbeit managen – Frauen sind in dieser Gesellschaft diejenigen die in aller Regel, den ganzen Scheiß auch noch gedanklich organisieren müssen, Stichwort Sorgearbeit eben! Dabei werden sie noch den ganzen Tag sexistisch behandelt, oft sexuell belästigt, oder Opfer häuslicher Gewalt. Frauen werden also in dieser Gesellschaft besonders ausgebeutet und benachteiligt, sie sind einer Doppelbelastung aus Lohn- und Reproduktionsarbeit ausgesetzt und werden immer wieder Opfer von Gewalt.

Diese Form der Unterdrückung und der Ausbeutung von Frauen hat System. Im Kapitalismus, einer Gesellschaft, in der erstmal alles dem Zweck der Gewinnmaximierung unterworfen ist, braucht es Arbeiter*innen, die ausgebeutet werden können, um diesen Gewinn überhaupt erstmal zu ermöglichen. Dabei ist es fürs Kapital nützlich bis notwendig, dass die Arbeiter*innen halbwegs gesund, bis zu einem gewissen Maß gebildet und nicht zu sehr frustriert sind. Arbeiter*innen die zu krank und müde sind, sind nicht produktiv, Arbeiter*innen besonders in wichtigeren Positionen, die frustriert sind, werden sich dem Unternehmen weniger stark hingeben und Arbeiter*innen, die im Kindesalter nicht erzogen wurden, sind ebenfalls nicht gut auszubeuten. All diese Haus und Sorgearbeit wurde den Frauen zugeschrieben und aufgezwungen. Ein Großteil dieser Haus- und Sorgearbeit, wird dabei überhaupt nicht bezahlt, ist komplett vereinzelt, findet hinter Türen und Vorhängen statt, ist kaum sichtbar und gleichzeitig sehr wichtig für den Kapitalismus. Der Teil, der als Lohnarbeit organisiert ist, wie z.B. die Pflege oder Reinigungsdienstleistungen wird sehr schlecht bezahlt, hat wenig Rechte und unsichere Arbeitsplätze. Dieser Zustand ist dabei kein Zufall und auch kein Widerspruch, vielmehr ist es notwendig für den Kapitalismus, dass Haus-, Sorge-, und Carearbeit umsonst oder schlecht bezahlt und unsichtbar gemacht wird. Kurz gesagt: Frauen wurde in dieser Gesellschaft die Arbeit aufgezwängt, die notwendig ist um die Arbeitskraft der Arbeiter*innen immer wieder herzustellen, mit der wiederum Gewinne erst möglich werden. Gleichzeitig machen sich Unternehmen die Spaltung der Arbeiter*innenklasse in Frauen und Männer zu nutze: Sie können Frauen schlechter bezahlen ohne all zu große Gegenwehr erwarten zu müssen. Deswegen greift ein Frauenstreik das Kapital doppelt an: Die Produktions- wie die Reproduktionsarbeit wird verweigert. Gleichzeitig ist ein Frauenstreik aber auch doppelt so schwer zu bewerkstelligen und zu organisieren. Gerade weil es in der Hausarbeit und in vielen Frauenberufen um Menschen geht, ist es deutlich schwerer die Arbeit zu verweigern. Ein Anfang wäre hier zumindest dem immer wiederkehrenden Gerede von sozialer Verantwortung eine Absage zu erteilen und sich solidarisch zu zeigen, bspw. beim nächsten Streik von Pflegekräften.

Wir müssen dabei über die Forderungen nach besserer Teilhabe hinausgehen. Lohnarbeit und Ausbeutung sind keine Emanzipation. Immer mehr prekäre Jobs für Frauen und beschissene Löhne sind keine tatsächliche Freiheit. Und ein Feminismus, der sich nur für besser verdienende Frauen in Chefetagen einsetzt und sich einen Dreck um die migrantische Putzfrau schert, ist keiner. Es gilt diesen Kreislauf zu durchbrechen, sich solidarisch zusammenzuschließen und darauf hinzuarbeiten, dass die Produktion, also die Arbeit im Betrieb, genauso wie die Reproduktionsarbeit, von Kindererziehung bis Altenpflege vergesellschaftet werden.

Um all das zu erreichen und es uns und anderen zu erklären ist ein Frauenstreik eine gute, wenn nicht gar die beste Möglichkeit. Alleine schon über einen Frauenstreik zu reden ist sinnvoll: unsichtbare Hausarbeit wird sichtbar, die strukturelle Gewalt greifbar und der Gedanke des gemeinsamen Kampfes gestärkt. Ein Streik würde die Vereinzelung von Frauen aufheben und hätte das Potenzial die Spaltung von Frauen unter Frauen abzubauen und vor allem birgt er die Möglichkeit ihre gesellschaftliche Bedeutung zu erkennen.

Deswegen rufen wir alle Frauen auf sich an dem Streik zu beteiligen und insbesondere 2020 richtig loszulegen. Ob wir gar nicht zur Arbeit gehen, uns zu einer kämpferischen Mittagspause zusammenfinden, den Abwasch nicht machen und die Wäsche nicht aufhängen, einen Bummelstreik organisieren und extra langsam arbeiten, Straßen blockieren, lila Fahnen aus dem Fenster hängen, krank feiern oder nicht lächeln und dafür zu pöbeln. Es gibt viele Möglichkeiten an einem Frauenstreik teilzunhemen. Fangen wir heute damit an.

Zusammen streiken gegen Patriarchat und Kapitalismus!