Veröffentlicht am 23.02.2018
Der Fachbereich Kunstgeschichte an der Universität Osnabrück soll geschlossen werden. Bekannt wurde diese Entwicklung bereits vor mehr als einem Jahr, worauf sich Protest formierte. Symbolische Aktionen, Kundgebungen vor der Senatssitzung, Transparente vom Schloss und jede Menge Plakate und Graffiti auf dem Campus und in der Stadt. In der Presse erschienen mehrere Berichte und das vom Studierendenrat eigens eingerichtete Projektreferat für den Erhalt der Kunstgeschichte gab eine Sonderzeitung heraus und organisierte Veranstaltungen.
Auch der Senat der Universität stimmte im November 2017 gegen die Schließung. Trotz der Proteste und trotz der Haltung des Senats wurde nun im Januar durch das Präsidium bekannt gegeben, dass der Fachbereich geschlossen werden soll. „Die Gestaltungsspielräume sind nötig, um die Profilbildung und Wettbewerbsfähigkeit der Universität zu verbessern“ verlautbarte der Uni-Präsident Wolfgang Lücke. Mit Gestaltungsspielräumen meint er Sparmaßnahmen und mit Profilbildung eine weitere Anpassung der Uni an Bedürfnisse des Kapitals und des Standorts. Die Universität Osnabrück scheint den Schwerpunkt dabei unter anderem auf die Naturwissenschaften zu legen. Dabei wird versucht, Naturwissenschaften gegen Geisteswissenschaften auszuspielen. Eine gesteigerte Konkurrenz an der Uni zwischen den verschiedenen Fachbereichen um Fördermittel soll erzeugt werden. Um diese Tendenz zu erkennen, genügt ein Blick in das Zukunftskonzept der Universität Osnabrück UOS 2020[1]. Um die genannten Fördermittel wiederum konkurrieren auch die Hochschulen und Universitäten untereinander, was nochmal dadurch verschärft wird, dass diese teilweise an Drittmittel (also Finanzspritzen die direkt von Unternehmen oder aus anderen zahlungskräftigen Quellen kommen) gekoppelt sind. Mit einer Freiheit und Unabhängigkeit der Wissenschaft hat das sowohl bezogen auf die Ergebnisse als auch die Richtung von Forschung nicht mehr in Ansätzen etwas zu tun. Selbstverständlich sind wir nicht der Meinung, dass dies im Kapitalismus möglich ist.
Staatliche Bildungseinrichtungen im Kapitalismus, ob Universität oder Schule, sollen dafür Sorge tragen, dass die Arbeitskraft des Anforderungen des nationalen Kapitals entsprechend ausgebildet ist, eine für das Kapital verwertbare Forschung liefern und disziplinierend wirken. Dabei geht es nicht um den Menschen und seine Möglichkeiten kritisch zu denken, sondern darum, dass die Arbeitskraft die später zu Markte getragen werden muss auch verwertbar ist. Das bedeutet, dass genügend Arbeiter*innen vorhanden sind, die über eine entsprechende Bildung verfügen, um für den Standort ausgebeutet werden zu können, in der Führungsetage landen oder Staatspersonal werden, das den kapitalistischen Laden am Laufen hält. Die Forschung ist Forschung im Sinne des Kapitals, also an wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfindungen orientiert welche die Kapitalakkumulation und ihre Bedingungen verbessern und sicherstellen. Staatliche Bildung und Forschung im Kapitalismus ist also nie neutral oder frei. Sie ist kapitalistisch geformt in dem was wie und warum gelehrt und geforscht wird.
Bei einer Universität mit entsprechendem Auftrag, die mit anderen Universitäten konkurriert ist es nicht verwunderlich, dass es nun die Kunstgeschichte trifft und diese wegrationalisiert werden soll. Der Fachbereich ist schlicht nicht profitabel genug oder verliert das Rennen gegen andere Fachbereiche. Nun ist es nicht sinnvoll darauf zu pochen, dass die Kunstgeschichte doch irgendwie rentabel sei. Selbst wenn dies stimmt (und somit ein Irrtum des Uni-Präsidiums vorliegt) lässt man sich doch so nur auf das Spiel ein, Wissenschaft der Profitlogik und dem Markt zu unterwerfen, Vernunft nur instrumentell anwenden zu wollen und nicht für eine freie Wissenschaft zu kämpfen. Es würde dann also einen anderen Fachbereich treffen und neben einer wissenschaftlichen Disziplin betrifft dies auch immer die Menschen, die dort arbeiten müssen. Diese Arbeit ist so schon beschissen genug. Die Arbeiter*innen an den Hochschulen, ob im Wissenschaftsbetrieb, in der Verwaltung oder Reinigungskräfte hangeln sich von Vertrag zu Vertrag bei geringem Lohn. Sie sind in den allermeisten Fällen prekär beschäftigt. Und auch der Wissenschafts- und Lehrbetrieb, und damit das Leben der Student*innen wird immer verschulter, kontrollierter und stressiger. Diese Entwicklungen werden an den Hochschulen noch zunehmen. Insbesondere durch die Digitalisierung wird eine rigide Kontrolle und Überwachung sowohl der Lohnarbeit an der Uni als auch des Studiums immer leichter umsetzbar. So wird jeder Arbeitsbeginn und Feierabend erfasst und ggf. gekürzt, entsprechende Ergebnisse stärker im Verhältnis zur nötigen Zeit kontrolliert, Abgaben von Prüfungen auf die Minute genau notwendig. Es werden weitere Fachbereiche geschlossen oder angepasst werden, es werden immer mehr Menschen in immer prekärer werdenden Arbeitsverhältnissen landen, der Prüfungsstress wird weiter zunehmen und die Bildung immer direkter an den Markt und an Kapitalinteressen gekoppelt werden. Die neoliberale Universität als ein durchgetaktetes Unternehmen. Durchgesetzt und gerechtfertigt werden wird dies durch das vermeintliche Argument der Alternativlosigkeit und dem Geschwafel, dass man es ja gerne anders wolle. Das Personal, das solche Töne anstimmt, ist Vollstrecker von Kürzungen.
Wer diese Entwicklungen nicht will muss sich organisieren. Organisieren nicht bloß gegen diese Entwicklung, sondern gegen die Logik die dahinter steckt, gegen die vermeintliche Alternativlosigkeit. Arbeiter*innen an der Uni, die weniger arbeiten und mehr Lohn bekommen wollen und Student*innen, die selbstbestimmt lernen wollen müssen sich zusammen tun. Von dem Reinigungspersonal bis zu den wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen muss sich gegen Sparmaßnahmen, ein Ausspielen gegeneinander und einen Wissenschaftsbetrieb, der dem Kapital dient und ihm unterworfen ist organisiert werden. Und obwohl das ein gewaltiger Schritt wäre, wäre das nur der Anfang, müsste die Organisierung doch über den Tellerrand hinausgehen, da die Uni nicht in einer Blase schwebt, sondern im Kapitalismus eingebettet ist. Dieser Kapitalismus gehört als Ganzes abgeschafft, alleine schon um die eben formulierten Zwänge zu überwinden und die Wissenschaft zu befreien.
[1]Kurzversion: https://www.uni-osnabrueck.de/filea… (die komplette Version ist für Universitätsangehörige im Intranet der Uni zu finden)